“Sozial-Spanner-TV”, so nennt Markus Brauck in Spiegel Online das harte Geschäft der Doku-Soaps im Fernsehen. “Mehr als 60 solcher Sendungen gibt es bereits jede Woche im deutschen Fernsehen. Fast wöchentlich kommt eine neue dazu. Die Formate sind billig zu produzieren, die Quoten okay bis brillant. Tag für Tag werden so im deutschen Fernsehen Schuldner beraten, Kinder erzogen, Häuser umgebaut, Schwiegertöchter gesucht und Frauen getauscht. Es werden Süchtige therapiert, Ehen oder Restaurants gerettet, Nachbarschaftskräche geschlichtet, Straßenkinder aufgelesen und Schulabschlüsse nachgemacht.” Das Genre der Doku-Soaps sei degeneriert. Früher habe man Menschen mit spannenden Geschichten mit der Kamera begleitet, heute denke man sich in den Anstalten oder Produktionsfirmen spannende Geschichten aus und suche dazu “halbwegs passende Leute” dazu. Da werde eine Familie gesucht, die für ein Boulevardmagazin in einen Megastau fährt, Schnäppchenjäger beim Einkaufen, da brauche ein Sender Alkoholiker am Arbeitsplatz oder bekennende Vampire fürs Programm. “Die Sache ist nur: Es sind nicht mehr genug Leute bereit, sich für diese Formate im Fernsehen zur Schau stellen zu lassen.” Und wenn die Menschen sich nicht mehr hergeben, dann wird der Realität mit inszenierter Wirklichkeit nachgeholfen. “Wirklichkeit” nach Drehbuch, mit Schauspielern, mit Laien, mit abstrusen Geschichten. Gescriptete Formate nennt man sowas in Fernsehkreisen. “Scripted Reality” überschwemmt die Programme. “Pseudowirklichkeit nach Drehbuch, aufgetischt von Laiendarstellern. Auch so kann eine Antwort auf die mühselige Suche nach Wirklichkeit und wirklichen Menschen aussehen: Man denkt sie sich aus.”