Monat: November 2009

Mauskritik

Armin Maiwald hat zugeschlagen. Rhetorisch. In einem Interview der Frankfurter Rundschau. Armin Maiwald ist einer der Erfinder der Sendung mit der Maus, die seit 1971 ausgestrahlt wird. Mit seiner markanten Stimme kommentiert er die „Sachgeschichten“, in denen unterschiedliche Gegenstände und Vorgänge des Alltags kindgerecht erklärt werden. Armin Maiwald ist mehrfach für seine Produktionen presigekrönt worden und hat auf Vorschlag von Roman Herzog das Bundesverdienstkreuz erhalten. Nach ihm ist eine Schule in Radvormwald benannt.

Vor Jahren noch gab es etwa im WDR eine lange Strecke für Kinderprogramm, die ist weg, alles abgebaut zugunsten von irgendwelchen Talkshows oder sonstigem Kram. Seit 20 Jahren herrschen nur noch Quotendruck und Kommerz. (…) Wenn ich es wäre (Programmdirektor des Fernsehens, W.H.), würde ich die Werbung komplett rausschmeißen aus dem Öffentlich-Rechtlichen. Und nachmittags, wenn die Kinder Zeit haben, so zwischen 17 und 19 Uhr, liefe gutes Kinderfernsehen. (…) Gutes Kinderfernsehen muss die Kinder ernst nehmen, sie mit ihren Themen beliefern, das können Geschichten sein, kleine, gute, große, lange, dicke, dünne Geschichten, vor allem gut gemachte Geschichten, die mit dem Alltag der Kinder zu tun haben. Und es muss informieren, es muss die Kinder neugierig machen und dazu anregen, hinauszugehen und sich die Welt genauer anzuschauen. (…) Der WDR hat früher große Spielfilme gemacht, zum Beispiel “Luzie, der Schrecken der Straße” oder “Pan Tau”. Wir hatten damals Serien wie “Der Spatz vom Wallrafplatz” oder “Schlager für Schlappohren mit dem mutigen Hasen Cäsar” oder dokumentarische Serien wie “Kein Tag wie jeder andere”, wo wir Kinder beim ersten Fallschirmabsprung oder bei ihrer ersten Bergtour mit Biwak begleitet haben.  (…) Und es wurden laufend neue Formate entwickelt. Aber diese Zeiten sind lange vorbei. Heute werden Millionen für Sportrechte rausgeballert, aber im Kinderprogramm muss gespart werden. So kann es kein gutes Kinderfernsehen geben. (…) Man muss grundsätzlich feststellen, dass Deutschland kein sehr kinderfreundliches Land ist. Die Realität steht in krassem Gegensatz zu den Sonntagsreden, in denen es immer heißt: Die Kinder sind unsere Zukunft. Aber wenn es ans Eingemachte geht, wenn ein Spielplatz in Stand gehalten werden soll, dann ist kein Geld da. Sie nennen das Bildungsmisere, das ist richtig, aber es ist in vielen Bereichen so. Und es lässt sich eins zu eins aufs Fernsehen übertragen. (…) Und wenn das so weitergeht, fürchte ich, dass das Fernsehen die Kinder völlig verlieren wird an das Internet. Den Trend gibt es ja längst und das Fernsehen hat dem bislang wenig entgegenzusetzen. (…) Ja, die Öffentlich-Rechtlichen sind bescheuert. Wenn sie die Kinder so schlecht bedienen, dann müssen sie sich nicht wundern, wenn sie sie später als Erwachsene verlieren. Wenn sie heute Erwachsene fragen, dann erinnern sich alle an “Augsburger Puppenkiste” oder “Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt” oder “Pan Tau” – das geht quer durch die Generationen. Das sind Kindheitserinnerungen an Dinge, die in der ARD zu Hause waren. Die Menschen sind damit aufgewachsen. Aber irgendwann wird das anders sein, weil es dann diese gemeinsamen Erinnerungen nicht mehr gibt.

Journalismus

Heute morgen mußte ich in Spiegel-Online noch lesen, daß man mutmaße, der teilweise Rückzug Oskar Lafontaines aus der Fraktionsführung der Partei Die Linke habe mit einer außerehelichen Affaire mit der Linken-Abgeordneten Sahra Wagenknecht zu tun. Oskar Lafontaine ist ja immer ein gefundenes Fressen, über das sich Journalisten fast aller Coleur geifernd hermachen. Heute abend melden die meisten Nachrichtensendungen, Lafontaine werde sich einer Krebsoperation unterziehen müssen, weshalb er sich zunächst zurückziehen und später entscheiden werde, ob und wie er wieder in die aktive Politik zurückkehre. Wir sollten nur ja nicht glauben, daß sich die Journalisten für den Rufmord öffentlich entschuldigen werden.

Gemeinwohl

Nun habe ich ihn doch gelesen. Den Koalitionsvertrag. Komplett. Den der “bürgerlichen Koalition”, wie sie sich selbst nennt. Drei mal taucht dort der Begriff Gemeinwesen auf. “Die in den Gesundheits- und Pflegeberufen Tätigen leisten einen wichtigen Beitrag für unser Gemeinwesen. (…) Den Christlichen Kirchen kommt eine unverzichtbare Rolle bei der Vermittlung der unserem Gemeinwesen zugrunde liegenden Werte zu. (…) Die Informationsgesellschaft bietet neue Entfaltungsmöglichkeiten für jeden Einzelnen ebenso wie neue Chancen für die demokratische Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens sowie für die wirtschaftliche Betätigung.” Gemeinwohl kommt dagegen nicht vor. Kein einziges mal. Wie auch.

16.11.1953: Deutscher Kinderschutzbund gegründet

Heute vor 56 Jahren wurde in Hannover auf Initiative des Kinderarztes Fritz Lejeune der Bund zum Schutz des Kindes gegründet. Ziele waren vor allem der Kampf gegen Kindesmisshandlungen und sexuellen Missbrauch sowie die Linderung des psychischen und sozialen Elends der Kinder in der Nachkriegszeit. Heute ist der Deutsche Kinderschutzbund mit fast 50.000 Mitgliedern ein bundesweit agierender gemeinnütziger Verein und der wichtigste Lobbyverband für die Anliegen und Rechte von Kindern und Jugendlichen. In mehr als 420 Orts- und Kreisverbänden sind etwa dreitausend hauptamtliche und mehr als zehntausend ehrenamtliche Mitglieder für die Belange von Kindern aktiv. Der DKSB ist der mitgliederstärkste Kinderverband in Deutschland.  Einen besonderen Schwerpunkt bilden drei Themenbereiche:

  • Die Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland
  • Die Prävention von Kindern vor Gewalt und Vernachlässigung
  • Die vollständige Verwirklichung der Kinderrechte – die Einführung der Kinderrechte in das Grundgesetz

Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen formuliert der Deutsche Kinderschutzbund sozial- und familienpolitische Forderungen, initiiert Kampagnen und entwickelt praktische Maßnahmen zum Kinderschutz in Deutschland. 1993 machte der DKSB die UN-Konvention über die Rechte der Kinder zum Bestandteil seiner Satzung und zur Grundlage aller Aktivitäten. Zusammen mit dem Kinderhilfswerk, terre des hommes und UNICEF gründete er das “Aktionsbündnis Kinderrechte”, um die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte des Kindes voranzubringen und bei den zuständigen staatlichen Stellen anzumahnen. Zudem hat der Kinderschutzbund ein Sorgentelefon für Kinder, Jugendliche und Eltern eingerichtet, die Nummer gegen Kummer. 43 der insgesamt 46 Elterntelefone und 79 der insgesamt 95 Kinder- und Jugendtelefone werden vom Derutschen Kinderschutzbund betrieben.

Welternährungsgipfel im Stau

Stau auf der Autobahn, das bildet. Eben im Deutschlandfunk. Es geht um den Welternährungsgipfel in Rom. Der erste Satz des Berichts: “Alle dreißig Sekunden sterben auf der Erde fünf Kinder an Hunger!” Und wir? Wir subventionieren stattdessen Hoteliers mit dem verminderten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Das senkt zwar keinen Übernachtungspreis im Hotel, dafür aber fördert es auch den Tourismus nicht. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz von FDP, CSU und CDU.

Ein Gentleman

Ein Fundstück, aus dem aktuellen Freitag. Es geht um Tom Waits. Musiker, Geschichtenerzähler, Schauspieler. Dieser skurile, fabelhafte Erzähler widmet sich nun auch der ganz kleinen Form, er twittert. Eine seiner 140-Zeichen-Weisheiten: „Ein Gentleman ist jemand, der Akkordeon spielen kann – es aber nicht tut.“

Schamlos

Mehr als 500 Unternehmen, so vermutet die Bundesagentur für Arbeit, betrügen beim Kurzarbeitergeld. Fünf mal mehr als noch im September. In den meisten Fällen bestehe der Verdacht, dass in den Unternehmen trotz der vereinbarten Arbeitszeitreduzierung weiterhin Vollzeit gearbeitet, aber weniger gezahlt und zusätzlich Kurzarbeitergeld kassiert werde. Mit anderen Worten: Diese Unternehmen betrügen schamlos die Arbeitslosenversicherung und die Solidargemeinschaft. Privatisierung eben.

Von Uruguay lernen.

Heute gelesen. In einer Computerzeitschrift.

Uruguay: Schüler-Laptops

Jedes Schulkind in Uruguay besitzt nun einen XO-Laptop im Wert von 260 Dollar. Uruguay schließt damit als erstes Land das One-Laptop-per-Child- Programm ab, 362.000 Stück wurden verteilt.

Das kleine Land am Rio del la Plata kennen wir allenfalls als Nation von Viehzüchtern, oder, die Älteren jedenfalls, als Land, das deutschen Nazis bereitwillig Zuflucht gewährte. Uruguay nun als Land registrieren zu müssen, das bildungspolitische Anstrengungen besser bewältigt als die reiche Bundesrepublik, das muß doch den Regierungen in Bund und Ländern die Schamesröte ins Gesicht schießen lassen. Bei uns streitet man noch darüber, ob die Eltern die Farbe auch bezahlen müssen, die sie an die Wände der Schulen streichen, in denen ihre Kinder lernen sollen. Und im Süden Amerikas, eingeklemmt zwischen Brasilien und Argentinien, haben alle Schulkinder einen Laptop. Na bravo.

Ach ja: Der Besuch der Schulen und Universitäten und sämtlicher Weiterbildungseinrichtungen in Uruguay ist kostenlos.

Die freie Rede

Kurt Kister kommentiert. In der Süddeutschen. Und zwar die freie Rede, die freie Rede im Bundestag. Es gebe zwar, so Kister, “noch einige scharfzüngige Redner im Bundestag, die mit Sprachbildern ebenso umgehen können, wie sie die Kunst des verbalen Angriffs beherrschen. Guido Westerwelle oder Gregor Gysi zählen zu ihnen.” Es dominierten aber “die Vorleser, die Babbler wie die neue FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger oder die Reden-halten-ist-auch-nichts-anderes-als-Wurstschneiden-Rhetoriker wie Angela Merkel.” Wobei eine gut abgelesene Rede mehr Zuhörer in den Bann nehmen könne, “als Franz Josef Jung oder der Wirtschaftsminister Dingsbums dies in freier Rede tun.” Dabei habe es 1999 einen denkwürdigen Antrag gegeben, “den ausgerechnet Dirk Niebel, der heutige FDP-Entwicklungshilfeminister, einbrachte (Niebel gilt nur unter Fallschirmjägern als Redetalent). Der Antrag zielte darauf ab, dass in der letzten Sitzungswoche des Bundestags nur frei gesprochen werden sollte.” Dieser Antrag ist seinerzeit abgelehnt worden.  Der Paragraph 33 der Geschäftsordnung des Bundestags lautet: “Die Redner sprechen grundsätzlich in freiem Vortrag. Sie können hierbei Aufzeichnungen benutzen.”