Tag: 3. Februar 2010

Roswitha Müller-Piepenkötter und die Justizpannenserie

Tja, einmal angefangen, kann man nicht so einfach aufhören mit dem Thema. Allwöchentlich eine Panne in der nordrhein-westfälischen Justiz. Vor Weihnachten gelang zwei Schwerverbrechern aus der JVA Aachen die Flucht. Vor zwei Wochen waren zwei Häftlinge aus der JVA Münster entkommen. Und heute ist ein Gewaltverbrecher aus dem Landgericht in Hagen entflohen. Ralf Jäger, Vize-Fraktionschef der SPD im Landtag, kritisierte, die Flucht setze die „Pannenenserie in der NRW-Justiz” fort. „In immer kürzeren Abständen kommen die Hiobsbotschaften über entlaufene Häftlinge oder gefährliche Sexualstraftäter”, sagte Jäger. Der SPD-Politiker fragt sich: „In welcher Stadt müssen die Menschen morgen befürchten, noch immer gefährlichen Sexualstraftätern oder entflohenen Häftlingen über den Weg zu laufen?” Monika Düker, Innenexpertin der Grünen im Landtag, verlangte eine Analyse möglicher Sicherheitslücken. Politisch verantwortlich ist die Justizministerin, Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU). Zitieren wir also zum fünften mal aus dem “Leitbild des Justizministeriums NRW”: “Wir sind uns unserer Vorbildfunktion bewusst (…) Wir sind einsatzbereit und übernehmen Verantwortung.”

Die SPD bloggt

Bloggen ist besser als blocken. Dieser Erkenntnis hat sich jetzt auch die hiesige SPD geöffnet und einen eigenen Blog eingerichtet: Die Dellmänner – Alles, was Wermelskirchen bewegt. Ob der Blog auch für Dellfrauen oder Nicht-SPD-Mitglieder offen ist – ich weiß es nicht. Aufklären wird das der Administrator, Jürgen Scherkenbeck.

“… mit kaltem Herzen ungerührt vorübergehn”

Was die – gescheiterte – bürgerliche Revolution von 1848 nicht alles so hervorgebracht hat. Ein in Vergessenheit geratenes Volkslied von Robert Eduard Prutz (1816 – 1872) beispielsweise. Prutz war Schriftsteller, Dramatiker und einer der profiliertesten Publizisten des Vormärz. Literaturwissenschaftler und Dichter, Dramaturg und Universitätsprofessor. Wegen seiner radikalen Ansichten politisch verdächtigt, zog er sich nach Jena zurück. Wegen seiner Kritik an der Zensur wurde er der Stadt verwiesen. Seine 1845 verfasste dramatische Satire “Die politische Wochenstube” brachte ihm eine Anklage wegen Majestätsbeleidigung ein, die durch Alexander von Humboldts Vermittlung niedergeschlagen wurde. 1846 lehrte er in Berlin, war 1847 Dramaturg in Hamburg und 1849 bis 1859 außerordentlicher Professor für Literatur in Halle.

Hütet euch vor Liberalen
Die nur reden, die nur prahlen
Nur mit Worten stets bezahlen
Aber arm an Taten sind:
Die bald hier-, bald dorthin sehen
Bald nach rechts, nach links sich drehen
Wie die Fahne vor dem Wind.

Hütet euch vor Liberalen
Jene blassen, jene fahlen
Die in Zeitung und Journalen
Philosophisch sich ergehn:
Aber bei des Bettlers Schmerzen
Weisheitsvoll, mit kaltem Herzen
Ungerührt vorübergehn.

Hütet euch vor Liberalen
Die bei schwelgerischen Mahlen
Bei gefüllten Festpokalen
Turm der Freiheit sich genannt
Und die doch um einen Titel
Zensor werden oder Büttel
Oder gar ein Denunziant.

Robert Prutz – um 1848, gefunden auf der Seite “Volksliederarchiv”

Pinkwart tollt mit Rüttgers

Der steuerpolitische Kurs der Liberalen dürfe nicht wegen schlechter Umfragewerte vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai geändert werden. So Wolfgang Kubicki, FDP-Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, an die Adresse seines Parteifreundes und Vizevorsitzenden Andreas Pinkwart. Der hatte eben noch getönt, die Mehrwertsteuersenkung sei ein bürokratisches Monstrum und müsse ausgesetzt werden. Zur Not werde die NRW-Landesregierung eine Bundesratsinitiative ergreifen. Und Rüttgers sprang ihm bei. Aber? Eingeknickt. Beide. Pinkwart und Rüttgers. Keine Bundesratsinitiative. Mund gespitzt, aber nicht gepfiffen. Schwanz eingezogen. Beide. Die Sorge vor der Landtagswahl scheint größer zu werden. Ich bleibe dabei: Die FDP ist ein Tollhaus. Und Rüttgers tollt mit.