Tag: 7. Februar 2010

Durchgeknallt

Gestern, Welt Online:

Miese Umfrage – Ramsauer gibt Winterkälte Schuld

16 Milliarden Tonnen Schnee und Eis liegen laut Verkehrsminister Ramsauer derzeit auf Deutschland – und auf dem Gemüt der Bürger: Es könne sehr gut sein, dass die schlechten Umfragewerte der Regierung mit dem Winterwetter zusammenhänge, meint der Politiker. Dementsprechend will er jetzt rasch reagieren. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) erklärt das Stimmungstief der Bundesregierung mit dem derzeitigen extremen Winterwetter. „Klar schlägt dieses Wetter vielen auf das Gemüt“, sagte Ramsauer der „Bild am Sonntag“. „Das könnte auch erklären, warum die Regierung nach Umfragen bei den Bürgern im Moment schlechter dasteht als sie tatsächlich ist.“

Schon bei der genialen FDP-Forderung nach einer nationalen Streusalzreserve durch deren Verkehrsexperten Patrick Döring konnte ich mir das Wörtchen “durchgeknallt” nur mit Mühe verkneifen. Angesichts der Äußerungen des Gemütsexperten und Bundesverkehrsministers von der CSU will mir das nicht mehr gelingen. Nun gut, könnte man einwenden, Ramsauer ist Bayer. Und Bayern neigen mitunter zu harschem Humor. Aber, nichts da. Ramsauer macht sich die Nationale Streusalzreserve der FDP zu eigen und will die durch Eis und Schnee entstandenen Straßenschäden alsbald ausbessern lassen, damit das Gemüt der Deutschen nicht weiter bedrückt wird und sich die Umfrageergebnisse für die schwarz-gelbe Zornnatter-Koalition bessern. „Ich lasse gerade feststellen, welche Mittel im Bereich Straßenbau dafür verfügbar sind, um schnellstmöglich die Winterschäden ausbessern zu lassen.“ Interessant. Die meisten Straßen in der Republik sind Angelegenheit der Länder und Kommunen. Ramsauer will also mit Salz und Teer, den aber andere bezahlen müssen, die Stimmung der Deutschen aufhübschen. Demnächst wird wohl der Winter verboten. Diese Koalition ist aus den Fugen, durchgeknallt.

“Die Knechtschaft eitler Selbstverliebtheit”

“Die journalistische Freiheit wird in der Bundesrepublik heute viel weniger durch obrigkeitsstaatliche Pressionen bedroht als durch die weiche Knechtschaft einer eitlen Selbstverliebtheit.” Jürgen Leinemann verdanken wir diesen klugen Satz. Er war Redakteur bei dpa und Spiegel und wurde unter anderem mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis sowie dem Henri-Nannen-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

7. Februar 1637: Die große Tulpenmanie

“Die gesamte Bevoelkerung ist infiziert: Fleischer, Torwaechter, Schiffsmakler, Gastwirte, Studenten, Barbiere, Schornsteinfeger, Steuereintreiber, Torfstecher, nicht eine Gesellschaftsschicht bleibt ausgespart, nicht eine Sekte, nicht eine Vereinigung: Arminier und Papisten, Lutheraner, Mennoniten, Nachtwaechter und Rhetoriker! Die Gegenden um Amsterdam, Haarlem, Alkmaar, Hoorn, Enkhuizen, Utrecht, Rotterdam sind am staerksten betroffen …” Holland im Jahr 1636. Nicht Pest noch Teufelserscheinung haben Holland im Griff. Holland dreht durch, ganz Holland, wegen – einer Tulpenzwiebel. Das durch Handel reich gewordene Holland hatte  die aus dem Orient stammende Tulpe importiert. Und als die Nachfrage nach der exotischen Blume das Angebot überstieg, zogen die Preise rasant an. Tulpen wurden überall gehandelt, vor allem in Kneipen und Wirtshäusern. Man kaufte Tulpen schließlich nicht mehr, um sie einzupflanzen, sondern, um sie wieder zu verhökern. Der Tulpenhandel wurde zum Spekulationsgeschäft. Die Preise explodierten und stiegen bis 1637 auf das über Fünfzigfache an. Ein komplettes Haus in Amsterdam wechselte für drei Tulpenzwiebeln den Besitzer. Der höchste Preis für die wertvollste Tulpensorte, Semper Augustus, lag Anfang 1637 bei 10.000 Gulden für eine einzige Zwiebel, zu einer Zeit, als ein Zimmermann rund 250 Gulden im Jahr verdiente. Die erste Spekulationsblase. Wie wir heute wissen, sollten leider andere folgen.  Am 5. Februar 1637 wurden in Alkmaar für 99 Posten Tulpenzwiebeln rund 90.000 Gulden erzielt. Doch der Crash nahm in Haarlem seinen Anfang. In einer der Wirtshausversteigerungen gab es keine Kaufgebote mehr. In den nächsten Tagen brach dann in den gesamten Niederlanden der Tulpenmarkt zusammen. Alle wollten verkaufen, kaum einer kaufen. Allein ganz kostbare Zwiebeln konnten noch gehandelt werden. Doch die Masse der zuvor gehandelten Zwiebeln gehörte zu den billigen Sorten, die auf einmal wertlos waren. Am 7. Februar 1637 stoppte der Handel schließlich. Die Preise fielen um über 95 Prozent. Kommt irgendwie bekannt vor, oder?