Die FDP legt nach. Der Aschermittwochskrawall geht auch in der Fastenzeit weiter. “Der Wohlfahrtsstaat hat Eigenverantwortung entbehrlich gemacht, Aufstiegswillen gebremst und Mitmenschlichkeit durch anonyme Rechtsansprüche ersetzt – und damit Mentalitäten geprägt. “So Christian Lindner, Generalsekretär der FDP. Wo hat der Wohlfahrtsstaat Eigenverantwortung entbehrlich gemacht? Ist Deutschland ein Land von Schmarotzern, die nur im Sinn haben, andere für sich selbst aufkommen lassen? Wen meint Lindner eigentlich mit seiner infamen Äußerung? Wessen Aufstiegswille ist durch den Wohlfahrtsstaat gebremst worden? Zudem: Was nutzt eigentlich der bestentwickelte Aufstiegswille, wenn die Arbeitsplätze fehlen und Ausbildungsmöglichkeiten, wenn das Bildungssystem versagt? Nicht nur Hartz IV-Empfänger, auch junge Menschen mit ordentlicher Berufsausbildung, gut ausgebildete Akademiker, Juristen, Ingenieure, Sozialwissenschaftler, finden oftmals keine angemessene Stelle, hangeln sich von Praktikum zu Praktikum, suchen unentwegt, aber finden nichts. Eine Folge des Wohlfahrtsstaates? Mitmenschlichkeit wird ersetzt durch anonyme Rechtsansprüche. Was will uns der gute Christian Lindner mit dieser Formulierung eigentlich sagen? Wessen Mitmenschlichkeit ist durch die Rechtsansprüche ersetzt worden? Welches Bild hat Christian Lindner denn im Kopf, wenn er solchen Nonsens schreibt? Soll der “anonyme” Rechtsanspruch auf Hilfe etwa durch die milde Gabe Vermögender ersetzt werden? Der Wohlfahrtsstaat hat Mentalitäten geprägt. Welche? Und wessen Mentalitäten? Ich fürchte vor allem die Mentalität der windschnittigen Ellbogenfighter. Denn der FDP-Wirtschaftspolitiker Martin Lindner sagt konkreter, um was es der FDP geht: „Das Verfassungsgericht hat uns die Aufgabe gestellt, die Hartz-IV-Sätze nachvollziehbar neu zu berechnen. Wir führen in der FDP-Fraktion die Diskussion, wie wir dabei die Anreize, in Arbeit zu kommen, stärken.“ Man wolle „Aufstockern ermöglichen, mehr hinzuzuverdienen. Dabei wird auch darüber zu sprechen sein, ob man nicht im Gegenzug die Regelsätze absenken muss, damit Vollbeschäftigte besser dastehen als Teilzeitjobber“, sagte der FDP-Abgeordnete. Aha. Damit ist die Katze endlich aus dem Sack. Die FDP will kürzen. Partout. Bedürftige sollen nicht nur in der Fastenzeit fasten.
@Ralf Weber:
Ganz offen gesagt: Das “vielleicht” ist Ausdruck der Hoffnung, das es so sei. Ich glaube aber auch nicht daran.
Die meisten FDP-Wähler werden die offensichtliche Selbstdemontage der Partei ignorieren und sich nicht das eigene “Verwählen” eingestehen. Meiner Meinung nach zeigen die “Liberalen” gerade nur, warum sie eben nur eine Nischenpartei sind: Sie können nix (außer bescheißen).
Was ich aber nicht verstehe: Unten den Belesenen rauskehren und sich oben als BILD-Leser outen, ein Oxymoron par excellence!
Gustave Le Bon wird übrigens überschätzt, ich finde Simon Le Bon wesentlich besser…
Mit freundlichem Gruß
-EDV-Schrauber-
Jetzt zieht Euch mal nicht zu hoch an der Wählerbeschimpfung. Und: Nicht nur die BILD-Zeitung kann das mit der Manipulation http://www.nachdenkseiten.de/?p=4551
Also auch auf deren Leser sollte man nicht von zu weit oben herabblicken…
@ EDV-Schrauber
“weil vielleicht auch mal der letzte merkbefreite Dummwähler begreift”
Ganz richtig steht in Ihrem Satz das Wörtchen “vielleicht”.
Erst gestern berichtete der RGA, daß die FPD nach einer Infratest-dimap-Befragung
(ARD – “Deutschland-Trend”) wieder um 2 Prozentpunkte zugelegt hat.
Ich befürchte, daß es der letzte “merkbefreite Dummwähler” auch nach der NRW-Wahl noch nicht begreifen wird. Dazu rührt die BILD viel zu sehr die Werbetrommel für die FDP.
Ich laß jetzt mal den Belesenen raushängen (passiert auch nicht wieder 🙂 ):
Gustave Le Bon kommt in seinem Buch über die Psychologie der Massen u.a. zu der Erkenntnis, daß die Massen vielleicht nicht gerade dumm, aber immer manipulierbar sein.
Ich bin geneigt, ihm zu glauben.
Dass der Herr Lindner genausowenig jemals was für das Gemeinwohl getan hat wie Herr Westerwelle, muß man eigentlich nicht erwähnen, insofern paßt er ganz gut in die Partei der ahnungslosen Steuersenker.
Das Westerwelle sich als kleiner mieser Rechtspopulist zeigt, erfreut mich schon deshalb, weil vielleicht auch mal der letzte merkbefreite Dummwähler begreift, welche Leute er da an die Schalthebel der Macht gehievt hat.
Ich bin gespannt, ob diese miesen Sozialschmarotzer (Ja, ich meine die FDP!) bei der nächsten Wahl endlich mal wieder ihre Quittung bekommen.
Mit freundlichem Gruß
-EDV-Schrauber-
Lieber Herr Schmitz, wir müssen uns ja in der Wertung der Politik der FDP nicht einig sein. Ich finde die FDP programmatisch armselig verengt und ihre Rhetorik hohl und dumm. Aber Faschismus oder Sozialfaschismus ist das in meinem Verständnis nicht. Die FDP bedient ihre Klientel auf unverhohlene Weise. Und ob der nachlassende Rückhalt beim Wähler mit hetzerischen Phrasen ausgeglichen werden kann, ist noch sehr fraglich. Das alles ist in der Tat nicht wirklich appetitlich und lecker. Aber mehr auch nicht.
Lieber Herr Horn,
hier geht es nicht darum, wie dieser Begriff gegen die SPD in der Weimarer Republik verwendet wurde, sondern darum, wie die FDP die sogenannte Mittelschicht aufhetzt
zitiert aus Wikipedia: Faschismustheorie/Sozialfaschismus
“Als soziale Basis des Faschismus nehmen Marxisten auch das Kleinbürgertum an, das befürchte, im Antagonismus von Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse, dem Hauptwiderspruch nach Marx, zerrieben zu werden. Durch die massenhafte ideologische bürgerliche Manipulation wurde seine Furcht vor der Arbeiterklasse und dem krisenbedingten Abstieg in sie und die Abneigung gegen die übermächtige Konkurrenz des Kapitals so zu einer pseudo-antikapitalistischen, objektiv aber arbeiterfeindlichen und damit pro-kapitalistischen Bewegung: dem Faschismus. (Dies traf sich mit nichtmarxistischen soziologischen Analysen, z. B. derjenigen Theodor Geigers.)
@Ralf Schmitz
Eine solchen Bezeichnung entwertet Ihren ersten Kommentar leider fast vollständig. Der Begriff Sozialfaschist wurde in der Zeit der Weimarer Republik und während des Faschismus in Deutschland in denunziatorischer Absicht von Kommunisten und anderen Linken als Bezeichnung für Sozialdemokraten verwendet. Insofern ist Ihre Zuschreibung auch historisch völlig falsch.
Sozialfaschist
Es ist doch immer wieder sehr amüsant, wenn sich ausgerechnet der
feine Herr Lindner zu staatlichen Leistungen äußert. Da kennt er sich
wirklich bestens aus.
Zitat Tagesspiegel:
Die Politik hat ihn damals offenbar nicht ausgefüllt: eine von
Lindner geführte Firma hat in der Rekordzeit von 18 Monaten fast zwei
Millionen Euro aus dem Topf der Kreditanstalt für Wiederaufbau
verbrannt
kompletter Text hier :
http://www.tagesspiegel.de/politik/art771,2241096
Man kann wirklich gar nicht mehr genug essen…….