Nochmal Fußball

Als Kinder haben wir ständig Fußball gespielt – und überall, auf dem Garagenvorplatz, auf einem Bolzplätzchen, der Liegewiese im Schwimmbad, auf der Straße, einfach überall. Außer einem Ball haben wir nichts gebraucht. Kleiderbündel, Schulranzen, Holzstücke oder Steine, was immer gerade zur Hand war, ersetzten uns die Torstangen, die Begrenzungslinien wurden nur ungefähr festgelegt. Immer, natürlich, spielten wir ohne Schiedsrichter. Und – es hat geklappt. Auch die kniffligsten Situationen, Handspiel, Fouls, irregulär erzielte Tore, wurden gelöst, teils nach hitzigen und längeren Debatten, teils erst nach Androhung von Handgreiflichkeiten oder nach angedeutetem Rückzug vom Spielfeld. Eine gute Schule. Fürs fußballerische Vermögen, für die Durchsetzungskraft, für die Kunst der Diplomatie, auch für die Schärfung des Gerechtigkeitssinnes. Die Schule des Straßenfußballs. Von der ist nichts mehr übrig geblieben, wenn man die Wirklichkeit der Fußballweltmeisterschaft zu Rate zieht. Schiedsrichter übersehen selbst die übelsten Fouls, im Endspiel etwa den Karatetritt des Holländers de Jong mit den Stollen gegen die Brust eines Spaniers oder das Foul von Iniesta abseits des Spielzugs. Beides eindeutig Rot. Dazu van Bommels Tritte oder die anderer Kicker. Falsche Abseits- oder Torentscheidungen zu Hauf. Eindeutige Tore werden nicht anerkannt. Eindeutige Nicht-Tore als Tore gegeben. Die Abseitsregel wird zum Roulette. Alle Welt darf im Fernsehen miterleben, daß Schiedsrichterentscheidungen eindeutig falsch sind. Nur die Schiedsrichter dürfen den Monitor im Stadion nicht sehen, sagt die FIFA. Ob das Spiel mit Schiedsrichtern wirklich besser ist als unser Gekicke seinerzeit ohne (schlechte) Richter? Jedenfalls waren die Schiedsrichter ein größeres Ärgernis als die meist mangelnde Qualität der Spiele, zumal der Vorrunde. Und ein noch größeres Ärgernis war die Fußballbegleitung im deutschen Fernsehen. Gleich, ob Bela Rethy, Tom Bartels oder Steffen Simon. Sie alle haben andere Spiele gesehen als viele meiner Freunde oder ich. Sie alle quasseln zuviel. Sie alle sind nicht wirklich objektiv. Selbst gute Spiele wurden sprachlich zugemüllt. Über Katrin Müller-Hohenstein will ich hier gar kein Wort mehr verlieren. Professionalität, großes Geschäft, Fußball als Kultur? Ach iwo. Fußball ist ein einfaches Spiel. Daraus bezieht er seine Faszinosität. FIFA und die Medien, des Fernsehen zuvörderst, sind die Sargnägel für den Kick.

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