“5.000 Menschen haben hier, mitten in der Stadt, Ende Oktober demonstriert. 5.000 Menschen, die sich Hooligans gegen Salafisten nennen.
Keine Frage, mit wem wir es da zu tun haben: Mit einer braunen Suppe, in der sich ultrarechte Hooligans mit altbekannten Neofaschisten vereinen.
Schlimm genug, dass sich hier Krawallbrüder im Geiste zusammengeschlossen haben. Aber wir sollten uns nichts vormachen: Die Gefahr geht nicht von den 5.000 aus. Die Gefahr geht davon aus, dass für diese Nazis endlich ein Traum in Erfüllung geht. Dass sie in ihrem angeblichen Kampf gegen Salafismus plötzlich ein Thema gefunden haben, das weit in die Mitte der Gesellschaft reicht.
Einige der Leute, die hier im Oktober in Köln demonstriert haben, haben wir nämlich letzte Woche in Düsseldorf wieder getroffen. Und wir werden sie morgen in Bonn, Hannover oder Kassel wieder sehen, wo sie versuchen werden, neue Partner zu finden. Die altbekannten Nazis wollen eine Brücke schlagen zu denen, die sich allen Ernstes „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ nennen. Darin besteht die Gefahr: Dass die ultrarechte Szene in Deutschland einen Resonanzboden findet – mitten in der Gesellschaft.
Dabei geht es ihnen gar nicht wirklich um den Kampf gegen islamistische Gotteskrieger. Im Gegenteil: Sie haben viel mit denen gemeinsam.
Beide Lager, Islamisten und Rechtsextremisten, kämpfen gegen eine weltoffene Gesellschaft. Beide kämpfen gegen Religionsfreiheit. Beide kämpfen gegen liberale Grundwerte. Gegen Schwule und Lesben. Gegen eine freie Presse, die sich nicht mit ihren Zielen gemein macht.
Das meinen sie nämlich wirklich mit „Abendland“: Ein modernes Kreuzrittertum im Kampf gegen eine liberale Gesellschaft. Ein Abendland, das nichts mit Toleranz zu tun hat, nichts mit Weltoffenheit und nichts mit Freiheit für Andersdenkende und -lebende.
Und ja, es gibt eine Gemeinsamkeit zwischen den Hooligans von Köln und den aufgebrachten Bürger der Pegida. Diese Gemeinsamkeit ist ein kleines Wort; und das heißt „ABER“! Wir haben nicht gegen Muslime, ABER! Wir haben nichts gegen Europa, ABER! Wir haben nichts gegen Flüchtlinge, ABER!
Wer verstehen will, mit wem wir es hier wirklich zu tun haben, der muss auf die Sätze hinter dem ABER schauen.
Ob Hooligans oder Pegida, diese Leute eint ein Ziel: Sie wollen keine Einwanderer in Deutschland, die ihre eigene Kultur mitbringen – und schon gar keine, die aus Not zu uns kommen. Sie wollen nicht, dass auch der Islam zu Deutschland gehört. Sie wollen nicht, dass Menschen dieses Land bereichern, weil sie anders sind.
Es geht ihnen eben nicht um den Kampf gegen Dschihadisten oder Islamisten, wie sie behaupten. Es geht ihnen auch nicht um ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen. Es geht ihnen im Kern um einen abendländisch verbrämten, chauvinistischen Nationalismus, der die Grenzen dicht machen will. Um ein deutsches Vaterland, in dem Einwanderung zum Gnadenakt wird für ein paar wenige, die uns nützlich sein können.
Aber wir sollten es uns nicht zu einfach machen. Wir sollten ganz genau hinschauen: Das sind nicht alles Nazis, die da demonstrieren. Das sind viele Bürger, die sich in ihren Ängsten vom demokratischen Establishment nicht mehr wahrgenommen fühlen. Aber das Gift des Nationalismus ist in ihre Köpfe eingesickert, weil ihnen eingeredet wird, dass Muslime dieses Land übernehmen wollen. Dass hinter jedem Muslim ein islamistischer Gotteskrieger steckt. Und dass wir uns dehalb abschotten müssen.
Wer dieses Gift bekämpfen will. Wer nicht will, dass es sich weiter ausbreitet. Der darf nicht nur demonstrieren. Der muss diese Menschen aufklären. Der muss ihnen immer wieder sagen, dass wir von Einwanderung profitieren. Der muss ihnen sagen, dass Kriminalität vor allem mit Ausgrenzung zu tun hat. Der muss ihnen sagen, dass internationale Solidarität am Ende allen nützt. Und der muss ihnen sagen, dass gerade dieses Land nie wieder nationalistisch werden darf!
Dass hier heute in Köln 15.000 Menschen auf der Straße sind, ist ein Anfang. Es ist ein großherziges Statement gegen einen engstirnigen und engherzigen Nationalismus. Wenn ich das hier sehe, bin ich froh, in dieser Stadt leben zu dürfen. Du bes Kölle. Du bes super-tolerant. Weiter so!”