Die politische Landschaft in Wermelskirchen ist bunt. Gottlob. Aber eine heterogene politische Szene bedeutet auch Konkurrenz. Sieben Parteien sind im Stadtrat vertreten. Und diese sieben Parteien mühen sich um die Aufmerksamkeit jener, die für politische Angebote und Debatten noch offen sind. Also um eine leider eher kleiner werdende Gruppe von Bürgern. Alle Parteien haben Stammtische im Angebot. Fast immer sind es öffentliche Treffen, nicht nur für Mitglieder, sondern auch für Interessierte veranstaltet, ohne feste Themen- oder Tagesordnung. Mit solchen Stammtischen stellen die Parteien ihre Vorhaben und Überzeugungen dar und treten in den Dialog mit Menschen ein, die nicht oder noch nicht in eine Partei entreten wollen, dennoch aber zu Gesprächen über den eigenen Tellerrand hinaus offen und nicht festgefahren sind. Ich habe in den letzten Jahren Veranstaltungen oder Stammtische nahezu aller politischer Parteien in Wermelskirchen besucht, um mir mein eigenes Bild zu machen. CDU, FDP, AfD, WNK und SPD, natürlich. Alle diese Veranstaltungen waren ein Gewinn. Denn man kommt klüger raus, als man hineingegangen ist. Das war heute auch so. Die Linke hatte geladen. Zum öffentlichen Stammtisch. Eine interessante Runde, mehr Menschen, als ich zunächst vermutet hatte. Und nach ein paar Regularien, Terminen und sonstigen nötigen Absprachen, sollte die Debatte auch losgehen. Sollte. Ein, äh, Genosse war indes nicht bereit, sich eines halbwegs bürgerlichen Umgangstons zu befleißigen, sondern verstieg sich, nachdem er erfahren hatte, daß ich nach meiner linksradikalen Vergangenheit heute in den Reihen der SPD organisiert bin, zu altbekannten, historisch aber falschen Generalschuldzuweisungen an die Sozialdemokraten à la “Wer hat uns verraten?”. Tja. Wenn schon ich, der ich eine gründliche politische Sozialisation in einer kommunistischen Partei durchlebt und auch überlebt habe und also den Jargon, die verengten bis falschen Argumente, die üblichen Simplifikationen oder das Eiferertum bestens kenne, wenn also schon ich es vorziehen muß, einen solchen Stammtisch nach nur wenigen Minuten zu verlassen, um der unbeherrschten Suada eines vermeintlich Linken zu entgehen, dann ist die Frage statthaft, wie die örtliche Linke denn generell mit Menschen umgehen will, die anderer Auffassung sind, die Zweifel haben an den Positionen der Linken, die nicht oder noch nicht überzeugt sind? Rainer Schneider und die seinen werden, nolens, volens im eigen Saft schmoren müssen, wenn das heute Abend eine typische Veranstaltung gewesen sein soll. Im eigenen Staft schmoren. Welch ein schönes Sprachbild. Es meint, daß man nichts wirklich Neues an sich heranläßt, keine Impulse oder Argumente von außen aufzunehmen bereit ist. Ein fürwahr treffendes Bild. Die Linke ist noch nicht grundsätzlich imstande, sich über die selbstgewählte Scheuklapprigkeit hinaus mit Menschen auseinanderzusetzen, die der Schablone eines historisch falschen und ideologisch fragwürdigen Feindbildes zu entsprechen scheinen. Sie schmort, jedenfalls hier in Wermelskirchen, im eigenen Saft. Aber auch im eigenen Saft kann man sich gehörig den Arsch verbrennen.