Rauer wird der Wahlkampfton in Wermelskirchen, wenn man der Bergischen Morgenpost glauben kann. Zum Beweis führt Udo Teifel eine Äußerung des CDU-Vorsitzenden, Christian Klicki, an, der es “gewöhnungsbedürftig” findet, wenn das Bürgerforum zur Wahl des Sozialdemokraten, Rainer Bleek, als Bürgermeister der Stadt Wermelskirchen aufruft. Und damit hat Christian Klicki vollkommen Recht. Es ist in der Tat gewöhnungsbedürftig, daß neben den oder über die beiden Dezernenten, die das Parteibuch der Christdemokraten in der Tasche haben, ein Bürgermeister die Stadtspitze vervollständigt, der den sozialdemokratischen Parteiausweis sein eigen nennt. Gewöhnungsbedürftig. Aber auch eine kluge Wahlentscheidung. Warum eigentlich soll selbst in einer strukturkonservativen Stadt alles nach der Pfeife einer Partei oder einiger weniger Politstrategen tanzen? Eine Mehrheit im Stadtrat von CDU, WNK samt der einzusammelnden Überläufer aus anderen Parteien und Fraktionen sowie der Rest-AfD braucht ein Gegengewicht. Vor allem dann, wenn der CDU-Bürgermeisterkandidat nicht oder noch nicht über die erforderliche Leitungskompetenz und auch politische Souveränität und Unabhängigkeit verfügt. Mehr ist eigentlich den von Udo Teifel zitierten Äußerungen von Peter Scheben vom Bürgerforum nicht zu entnehmen, der wörtlich den “Nestbau” kritisiert, in dem sich “die Herren Leßenich, Klicki, Dr. Prusa und Graef (alle CDU) und Rehse (WNKUWG) äußerst komfortabel einrichten würden, falls Leßenich zum Bürgermeister gekürt würde”. “Unerfahrenheit gepaart mit einem Schuss Naivität” treffe auf “geschliffene Partner”, was nicht unbedingt zum Wohl der Stadt sei. Wer übernehme eigentlich die Kontrolle, Leßenich oder Klicki? “Was die CDU anstrebt, ist nicht gut für die Stadt und nicht gut für die Demokratie in unserem Stadtrat”. Soweit die Stimme des Bürgerforums. Es geht um eine ausgewogene Verwaltungsspitze der Stadt, um ein Gleichgewicht, eine Balance in der Führung der Verwaltung. Es ist niemals gut, wenn nur eine Partei, nur eine politische Richtung die totale Dominanz ausübt. Durchregieren nennt man das im Politjargon. Das sollte der Wähler unter allen Umständen vermeiden. Hier in Wermelskirchen muß und darf nicht durchregiert werden. Hier muß der Konsens regieren, das gemeinsame Handeln zum Wohle aller Bürger, das Gemeinwohl, das gemeinsame Interesse aller. Insofern ist die Wahl von Rainer Bleek zum Bürgermeister zwar gewöhnungsbedürftig, aber auch die beste Wahl. Und die Entscheidung des Bürgerforums, also einer Abspaltung von der ehemals übermächtigen CDU in Wermelskirchen, zur Unterstützung des SPD-Kandidaten folgt einer strategisch klugen Überlegung. Wer vermeiden will, daß ein relativ unerfahrener junger Bürgermeister Wachs wird in den Händen erfahrener Politstrategen, von “Political Animals”, der kann nur den erfahrenen Rainer Bleek wählen, jemanden, der nicht hin- und herzuschubsen sein wird, jemanden, der keinen Anweisungen folgt, der keinen Wahlsieger oder Vertragspartner bedienen muß. Wer die Musik bezahlt, bestimmt auch, was gespielt wird. Der Volksmund ist klug. Noch einmal: “Was die CDU anstrebt, ist nicht gut für die Stadt und nicht gut für die Demokratie in unserem Stadtrat.” Einen derart fulminanten Satz hätte ich, das gestehe ich freimütig, nicht von den Politikern des Bürgerforums erwartet. Kein Wunder also, daß Henning Rehse von der WNK in einer schäumenden Stellungnahme das Bürgerforum mahnend daran erinnert, wie es “entstanden ist und wo Ihr Euren Standort im politischen Spektrum habt”. Eine deutliche Mahnung. Mehr eine Warnung, eine Drohung. Rehse moniert, die aktuelle Position des Bürgerforums habe “mit Verlässlichkeit, Gradlinigkeit und Glaubwürdigkeit nichts zu tun”. Der WNK-Zampano als Zensurenverteiler im vermeintlich bürgerlichen Lager. Wer die Musik bezahlt, bestimmt auch, was gespielt wird. Neben dem Bürgerforum verweigern auch die FDP, die Grünen und die Linken dem durchaus sympathischen Kandidaten der CDU ihre Unterstützung. Warum wohl? Weil sich die Erkenntnis mehr und mehr durchsetzt, daß die Über-Macht einer Partei oder einer Gruppierung, schlimmer noch: eines kleinen Zirkels der Macht dem Gemeinwesen nicht gut tut. Kein Wunder, daß heute in einem Facebookkommentar zu lesen ist: “Klare Parole: Bleek wählen, Rehse verhindern!” Der Wahlkampf-Ton wird nicht rauer. Die Töne werden deutlicher, hörbarer, besser unterscheidbar. Es sind Melodien, die da gespielt werden. Die eine ist ein Marsch, von der Über-Macht, der Kontrolle in der Stadt. Die andere Melodie, eine neue Weise, kündet von Zusammenarbeit, Balance, Einvernehmlichkeit, Konsens.