„Sie müssen sich an Recht und Gesetz halten und unsere Sitten respektieren.“ So tönt es allenthalben aus den konservativen Ecken. Gemeint sind die neuen Mitbewohner dieses Landes, unsere neuen Nachbarn, vulgo: die Flüchtlinge. Ja, sie müssen sich in der Tat an Recht und Gesetz halten. An den Artikel eins des Grundgesetzes etwa, demzufolge die Würde des Menschen unantastbar ist und die unveräußerlichen Menschenrechte Grundlage auch unserer Gemeinschaft sind. Oder an den Artikel drei, der besagt, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Und wer sich an diese Gesetze und die Grundwerte dieser Republik nicht hält, der schließt sich aus der Gemeinschaft aus. Wie beispielsweise der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften. Im vergangenen Jahr hatte dieser christlich-konservative Dachverband den Vogel abgeschossen, als er nicht akzeptieren wollte, daß in Werl ein ungetaufter Schützenbruder, der Muslim Mithat Gedik, den Vogel abgeschossen und er damit Anspruch auf die Würde des Werler Schützenkönigsamtes hatte. Und nunmehr wettert der saubere Schützenverband gegen den Düsseldorfer Schützenkönig, weil der zwar am besten schießen kann, aber schwul ist. Wie war das noch mit Recht und Gesetz in Deutschland? Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und niemand darf etwa wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Es wird Zeit, daß der Verband der Schießer im Land mit seinen Rechten und Gesetzen ankommt. Die Schützen sind weiter als ihr Dachverband, hat doch der Düsseldorfer König, Udo Figge, seinen Mann, Dirk Jehle, an seine Seite auf den Schützenthron geholt. Die Schützen sind von heute, Ihr Verband von vorvorgestern. Die meisten Flüchtlinge sind erheblich weiter als der Traditionsverband, der noch in vordemokratischen Zeiten lebt und in kaiserlich-antirepublikanischen Kategorien denkt. Nehmt Euch ein Vorbild an den neuen Nachbarn.
Tag: 5. Oktober 2015
Internationaler Tag des Lehrers
Nur eine winzige Zeitungsmeldung. Heute, am internationalen Tag des Lehrers. Eine kleine Meldung nur, unbedeutend genug, um überlesen zu werden von denen, die das Lesen in der Schule gelernt haben. Vier Millionen Lehrer fehlen weltweit und deshalb lernt ein Drittel aller Schüler das Lesen und Schreiben nur unzureichend.
Auf der Straße
Wie viele Menschen in Deutschland insgesamt auf der Straße leben, ist unklar. Klar ist nur: Es werden immer mehr. Weil es keine amtliche Statistik gibt, beruhen die vorhandenen Zahlen auf Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW), in der Kommunen sowie freie Träger vertreten sind. Zuletzt ging die BAGW 2012 von 284.000 wohnungslosen Menschen aus, davon 25 Prozent Frauen. Sie alle verfügen nicht über mietvertraglich abgesicherten Wohnraum und leben in Notunterkünften, Heimen oder bei Freunden. Und mindestens 24.000 von ihnen schlafen als Obdachlose auf der Straße. Nachdem die Zahl der Wohnungslosen seit Mitte der 90er Jahre rückläufig war, steigt sie seit 2008 kontinuierlich an.
Timo Reuter, Das Lied der Straße, in: Der Freitag, Ausgabe vierzig vom ersten Oktober Zweitausendfünfzehn