Weltflüchtlingstag. Heute. In diesen Zeiten. Zeiten, in denen der Anstand auf der Strecke zu bleiben scheint, der politische Verstand, die Fähigkeit, vermittelnd zu reden und zu schreiben, in denen gespalten wird, statt zu einen, in denen auf Schwache und Notleidende sowie ihre Helfer verächtlich gespien wird und jene Konjunktur zu haben scheinen, die lügen, verdrehen, gegen Minderheiten hetzen, das Land spalten, bislang Unsagbares aussprechen, Undenkbares formulieren, unsäglich agieren. Aus Überzeugung oder weil man sich Erfolge verspricht im Kampf um die politische Macht.
Weltflüchtlingstag. Alles ist bekannt. Die Zahlen, die Umstände von Flucht und Vertreibung, die Kriege und Bürgerkriege, die sozialen Verhältnisse, die Not, die Schlepperbanden, die politisch Verantwortlichen, alles und alle.
Ende Zweitausendundsiebzehn waren achtundsechzigeinhalb Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Im Schnitt wird alle zwei Sekunden jemand auf der Welt zur Flucht gezwungen. Zwei Drittel der Flüchtlinge kommen aus nur fünf Ländern: Syrien, Afghanistan, Südsudan, Myanmar und Somalia. Weltweit ist jeder einhundertzehnte Mensch auf der Flucht. Dreiundfünfzig Prozent der Flüchtlinge weltweit sind Kinder. Fünfundachtzig Prozent der Flüchtlinge leben in Entwicklungsländern. Rund dreißig Millionen Kinder und Jugendliche sind auf der Flucht vor Konflikten – mehr als je zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg. Dreihunderttausend Heranwachsende sind unbegleitet oder von ihren Eltern getrennt unterwegs. Unbegleitete Mädchen und Jungen werden häufig Opfer von Menschenhandel, Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch. All das ist bekannt. Niemand kann sich mit dem „Das haben wir nicht gewußt“ herausreden.
Weltflüchtlingstag. Heute. Einst hieß man ihn Welttag der Migranten und Flüchtlinge. Als er Neunzehnhundertvierzehn von niemand Geringerem als von Papst Benedikt dem Fünfzehnten mit dem Dekret Ethnografica studia unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges ausgerufen worden war. Vom Papst. Nicht von Frau Merkel. Nicht von den so geschmähten „Gutmenschen“. Nicht von den „Rot-Grün-Versifften“. Vom Papst. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen, daß Aufmerksamkeit und Hilfe für Flüchtlinge ein zutiefst menschliches, auch ein zutiefst christliches Anliegen ist.