Wenn ich wie die AfD das Volk so definiere, dass es weiß und christlich ist und schon die Großeltern hier geboren sein müssen, dann ist das nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar. Für die deutsche Staatsbürgerschaft ist die Herkunft völlig egal! Oder welcher Religion man angehört! Muslime nicht zum „deutschen Volk“ zu zählen, ist verfassungswidrig. (…)
Im Grunde brauchen wir das „Volk“ nicht mehr. Der Ausdruck passt nicht in unsere weltumspannende Wirklichkeit. In Diskussionen merke ich aber, auf wie viel Widerstand und Kritik das stößt. Das Prinzip der Volkssouveränität ist halt die Grundlage moderner Verfassung. Aber entzaubern sollte man den Begriff des Volkes schon. (…)
Das Volk ist vielfältiger und bunter, als die Rechte uns weismachen will. Es ist keine ethnisch homogene Gruppe. Das Gemeinwohl der vielen Individuen mit unterschiedlicher Herkunft und Erfahrung kann nicht „völkisch“ oder national-sozial bestimmt werden. (…)
Lieber sollten wir dem Begriff das Pathos nehmen! Da passt durchaus ein Zitat von unserer Bundeskanzlerin: „Das Volk sind alle, die hier leben!“(…)
Ich jedenfalls möchte lieber in einer solidarischen Gesellschaft freier und gleicher Menschen leben als in einem „Volk“.
Michael Wild, Volk ist unnötig, in: Der Freitag: Historiker Michael Wildt rät zur Abschaffung eines so nebulösen wie schwierigen Begriffs. Interview mit Dorian Baganz, Ausgabe Fünfundvierzig in Zweitausendundneunzehn