Tag: 24. Juli 2021

Alles Gut? 

Zu feige zum Aufstehen

VON WOLFGANG HORN

Alles gut, weil Björn Höcke bei seinem Misstrauensvotum im Thüringer Landtag nur die Stimmen seines eigenen Haufens bekommen hat, der AfD? Alles gut, weil niemand sonst bei der Abstimmung der völkisch-nationalistischen, der rechtsextremistischen Partei auf den Leim gegangen ist? Alles gut, weil sich das Fiasko vom Februar Zweitausendundzwanzig nicht wiederholt hat, als sich ein Herr Kemmerich (FDP) von der AfD hat auf den Ministerpräsidentensessel hieven lassen? Nichts ist gut in Thüringen. Rein formal ist das Misstrauensvotum abgeschmettert worden. Aber: Die CDU hat sich an der Abstimmung nicht beteiligt. Man mache sich klar: Ein Mann, der gerichtlich attestiert als Rechtsextremist bezeichnet werden darf, ein Mann, der sich öffentlich vielfach mit kruden, mit empörend-menschenfeindlichen Thesen, mit rassistischem Gedankengut hervorgetan hat, dessen Ansinnen vor allem ist, die demokratische Ordnung verächtlich zu machen, dieser Mann stellt den Antrag, im Parlament in Thüringen zum Ministerpräsidenten gewählt zu werden, und die Partei, die sich ihrer eigenen Aussage nach von einer christlichen Grundüberzeugung, von einem christlichen Menschenbild leiten läßt, stimmt nicht mit NEIN. Eigentlich unvorstellbar. Björn Höcke hat es erneut geschafft, eine bürgerliche Partei öffentlich vorzuführen. Die Abgeordneten blieben sitzen, wo Aufstehen angebracht war, nahmen an einer Abstimmung nicht teil, in der ein vernehmliches Nein erforderlich gewesen wäre. Ein kläglicher Haufen, der in einer historisch bedeutsamen Abstimmung feige kneift, keine Haltung gegen demokratiefeindliche Machenschaften der völkischen Nationalisten zeigt. Wenn die Angst herrscht, daß doch jemand aus diesem Zirkel mit der AfD gemeinsame Sache machen könnte, ist es schlecht bestellt um diese Partei. In Thüringen nahmen seinerzeit die Nationalsozialisten die ersten Hürden in Deutschland. Man wird immer wieder daran erinnert. Kann es unter diesen Umständen wirklich verwundern, daß im Thüringer Süden zur Bundestagswahl auf dem CDU-Ticket dieser Herr Maaßen kandidiert, der bereits vielfach hat erkennen lassen, daß er mit einer erheblichen Sehschwäche auf dem rechten Auge ausgestattet ist? Kein Wort vom Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten zur Causa Thüringen. Kein Wort vom Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten zur Causa Maaßen. Kein Wort vom Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten zur Aufkündigung einer Vereinbarung, mit der Neuwahlen in Thüringen ermöglicht werden sollte. Eine Partei im Koma.

Einäugiger Bandit

IOC das ist das Internationale Olympische Komitee. Zuständig für die Organisation und Vermarktung der alle vier Jahre stattfindenden olympischen Spiele. Ein Sportfest, das Sportler aus aller Welt zusammenführt, das für den Frieden steht, für Völkerverständigung. So seit jeher die samtene Rhetorik der Offiziellen. Hinter dieser indes regiert seit langem der brutale Profit. Covid-19 hin, Covid-19 her: The Games musst go on. (Avery Brundage, einst IOC-Präsident in München Neunzehnhundertvierundsiebzig). Jetzt in Tokio. Wegen der stramm steigenden Infektionszahlen erstmalig ganz ohne Zuschauer. The Games musst go on. Ohne Games keine Sponsorengelder, keine weltweiten TV-Lizenzeinnahmen. Ohne Games keine Kohle. Darum geht es, um Kohle, Geld, Zaster, Cash, Penunsen. Von wegen Sport, von wegen Völkerfreundschaft, von wegen friedliche Spiele. Die Olympischen Spiele sind zum einarmigen Banditen der Herren in Grau im IOC denaturiert. Pandemie? Krankheitsrisiken? Covid-Neunzehn-Tote? Auf diesem Auge sind die grauen Herren blind. Der Blick aus dem anderen Auge reicht soeben für die Bilanzen und Bankauszüge. Der IOC-Chef, der einstige Weltklassefechter Thomas Bach, ist, nicht nur aktuell in Japan, zum Unsympathen der Sportwelt geworden. Die Zuschauer in Tokio und Umgebung sehen die Spiele ebenso wie die Menschen auf den Fidschi-Inseln, in Austin, Wermelskirchen oder Andorra, nämlich nur auf dem Bildschirm, nicht im Stadion, nicht in den Sporthallen und Schwimmarenen. Die Sportler und die sie begleitenden Trainer und Delegationen sind einem hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Weit mehr als einhundert Sportler haben sich im Notstandsgebiet Tokio bereits infiziert. Es werden ganz gewiß noch weitere folgen. Und wozu das alles? Damit sich die korrupte Szene in dieser Weltsportorganisation wieder die Taschen füllen kann? Ist es das wert? Wenn Sport nur noch aufs Ökonomische reduziert wird, vollends zur Ware wird, verliert er seine Faszinosität. Diesen Sport, diese Olympischen Spiele à la Bach brauchen wir nicht.