Freiheit und Verantwortung

Nun ist es aber so, dass zum Liberalismus neben der Freiheit auch die Verantwortung gehört. Zudem wird die Freiheit des Individuums begrenzt durch die Freiheit all der anderen Individuen. In einer Pandemie, in der die Ansteckung nur einen Hustenanfall des Sitznachbarn im Bus entfernt ist, sind diese anderen nun einmal verdammt nah an jeden Einzelnen herangerückt. Der Radius, innerhalb dessen man tun und lassen kann, was man will, ist enger geworden. Das sollte auch die FDP anerkennen. (…) Freiheit ohne Verantwortung ist nichts weiter als das Recht des Stärkeren. Besonders gravierende Folgen hat ein derart einfältiger Freiheitsbegriff, wenn die individuelle Entscheidungsfreiheit auch dann noch hochgehalten wird, wenn ebendiese Freiheit das Leben anderer gefährdet. (…)  Die Pandemie ist eine Zumutung, die verlängert wird durch jene, die entweder als Trittbrettfahrer auf die Impfbereitschaft der anderen setzen oder Corona irrigerweise für eine Lüge halten. Die Kosten dieses individuellen Verhaltens aber werden kollektiviert; die Gesellschaft muss sie tragen, auch in Form von Freiheitseinschränkungen für alle. Damit allerdings dürfte gerade die FDP am wenigsten einverstanden sein.

Henrike Roßbach, Das kann die FDP nicht ernsthaft wollen, in: Süddeutsche Zeitung 

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