Talkrunden-Klamauk

Welch ein Segen, daß es mittlerweile möglich ist, zunächst ein gutes Fußballspiel um einen europäischen Pokal im Fernsehen live anzusehen, und hernach zeitversetzt den Stream einer politischen Talkrunde in Zweiten Fernsehprogramm. Dachte ich. Denn der Qualität letztlich belanglosen Fußballs konnte, mal wieder, die Moderation des Gesprächs über die Entscheidung des Deutschen Bundestags über die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine nicht entsprechen. Warum muß beim schwersten aller denkbaren Themen, der Frage der Bewaffnung der Ukraine mit deutschen Panzern, einer womöglich drohenden weiteren Eskalation des Krieges hin vielleicht zu einem Dritten Weltkrieg mit dem Einsatz nuklearer Waffen gewohnt aufgeregt-oberflächlich palavert werden, als ginge es um eine Unterstützungsregelung für Orchester, die wegen der Pandemie nicht in ausreichendem Maße öffentliche Kammerkonzerte geben konnten? So wichtig diese Frage im einzelnen durchaus sein wird und lediglich im Vergleich mit Krieg und Elend, Tod und Leiden nicht mithalten kann. Warum muß eine politische und essentielle Fragestellung atemlos und flott sein? Warum kann den Teilnehmern der Runde gerade bei diesem Thema nicht einmal Raum gegeben werden, um die teils doch komplizierten Vorgänge und Argumente erkennbar und deutlich zu machen? Ich sähe gerne Frau Slomka derartige Runden moderieren, sachlich, unaufgeregt, ernsthaft und seriös. Krieg und Frieden sind keine beliebigen Allerweltsangelegenheiten, keine Kirmesthemen, keine Publikumsbelustigungen. Frau Illner hat dafür so wenig Gespür wie manche Fernseh-Kommentatoren von Fußballspielen, wenn sie gnadenlos an den Erwartungen der Zuschauer vorbei salbadern. Der Krieg Rußlands in der Ukraine verdient eine ernsthafte, keine schrille Behandlung, den Menschen in solchen Runden steht das Recht zu, ihre Positionen nachdenklich-abwägend zu entwickeln und ohne Geschrei zu präsentieren. Hetze, Tempo, das ständige Ins-Wort-Fallen, die Partner beständig zu unterbrechen und nicht ausreden zu lassen, der Talkrunden-Klamauk war heute jedenfalls nicht angemessen. Technisch ist heute vieles möglich, auch zeitversetztes Fernsehen. Mitunter verbietet es sich, weil es journalistisch so mißraten ist.

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