Monat: Juni 2022

Manndeckung

Ich bin es müde, wieder und wieder öffentlich zu sagen, daß es kein Zuschauer eines vom Fernsehen übertragenen Fußballspiels verdient hat, was immer er sich auch hat zuschulden kommen lassen, von Béla Réthy ohne Pause vollgeschwallt zu werden.

Buchhaltung wider die Zeder

Feinstes Bütten, edel nicht-weiß, sondern cremefarben, ein wenig dicker und ein wenig schwerer als normales Papier für normale Verwaltungspost, sehr dezent geprägtes Stadtwappen oben links im Briefkopf, sozusagen der Hauch eines Wappens: das Briefpapier der Wermelskirchener Bürgermeisterin für die besonderen Fälle. 

Am ersten Juni kamen wir, meine Gattin Barbara und ich, in den Genuss einer solchen Post der Bürgermeisterin der Stadt. Sie gratulierte uns zur Goldenen Hochzeit. Das freut die Empfänger doch, uns auch, wenn sie auf diese Weise einmal in den Aufmerksamkeitsfokus des Stadtoberhauptes geraten.

Von einem Ereignis, das nur wenigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern vergönnt sei, schrieb Frau Lück, von einem reichen und glücklichen Leben zu Zweit, von der Bereitschaft, sich immer wieder umeinander zu bemühen und Neues zu entdecken nach langen, gemeinsam verbrachten Jahren. Ein durchdacht-nachdenklicher Text, besinnlich, klug, ganz unamtlich formuliert, sozusagen mehr an die betagten Freunde als an die Mitbürger adressiert. Sie wünscht uns alles Gute und das frohe Fest der Goldhochzeit.

Vielen Dank, Frau Bürgermeisterin, für diese wohltuenden Glückwünsche. Allein: Wir, Barbara und ich, wir wollen vor der Goldhochzeit noch die Zeder würdigen. Wir sind, da am ersten Juni Neunzehnhundertdreiundsiebzig vermählt, erst am neunundvierzigsten Hochzeitstag angelangt, der Zedernen Hochzeit. Ich schrieb neulich drüber. Die Zeder feiert man in der Regel so selten wie das Gold. Also genießen wir zunächst die Zeder. Und dann, im kommenden Jahr, nehmen wir die Goldene Hochzeit.

Und das Schreiben der Bürgermeisterin heben wir so lange auf und lesen es im kommenden Jahr erneut, mit gleichem Erstaunen, mit der gleichen Freude wie vor wenigen Tagen. Wir können ja nicht wissen, ob die Hochzeitstagbuchhaltung der Stadt korrigiert werden kann, so daß die Bürgermeisterin, Frau Lück, uns dann vielleicht zum zweiten Mal zur Hochzeit gratulieren wird. Schön wär’s ja.

Eins bis Golden

Neunundvierzig Jahre verheiratet. Zederne Hochzeit nennt sich das. Warum auch immer. Das Holz der Zeder gilt als robustes und langlebiges Holz. Eine Analogie also. Eine, die nicht erschreckt. Alt ist alt. Wenn man‘s nun robust nennt und langlebig, schmeichelt es etwas. Dieser besondere Hochzeitstag wird auch als Uranushochzeit bezeichnet. Uranus, eine Göttergestalt aus der griechischen Mythologie, der über die Welt wachte. Nix mit neunundvierzig. Dafür aber steht die Zeder auch für Erleuchtung. Das wiederum gefällt mir. Ob man allerdings die Erleuchtung durch die lang währende Ehe erlangt oder Erleuchtung Voraussetzung ist für das Aushalten einer langen Beziehung, darüber läßt sich niemand wirklich aus.

„Allerhöchstdieselbe” 

Im Deutschen haben Majestäten gar ein eigenes Pronomen – und das nicht erst infolge von Gender-Debatten: Ehrerbietig korrekt ist ein König nicht er, eine Königin nicht sie, das Fürwort für eine Majestät ist “Allerhöchstdieselbe(n)”.

Jan Bielicki, Her Majesty, in: Süddeutsche Zeitung von heute