Monat: August 2022

Geiz ist geil

Wenn die Zahlung von neun Euro für ein Ticket für den öffentlichen Nahverkehr schon „Gratismentalität“ ist, als was kann man dann die kirchliche Hochzeit eines Brautpaares bezeichnen, das bereits längst aus der Kirche ausgetreten ist, keinerlei Kirchensteuer zahlt, nun aber die Kirche und die Trauung durch einen Priester für einen pompösen Akt öffentlicher Zurschaustellung und medialen Interesses nutzt?

Im Netz

Hach ist das nett, internet sozusagen, wenn der angekündigte Techniker der Telekom im Handumdrehen das Internet wieder herstellt. Gestern hatte ich es telefonisch mit sage und schreibe drei magentafarbenen Beratern zu tun. Alle mit anderen Diagnosen. Alle mit unterschiedlichen Lösungsansätzen. Alle erfolglos. Und heute: Zack-Zack, Leitung geprüft. Fehler des Telekom-Bautrupps festgestellt und korrigiert, Router neu in Betrieb genommen: Internet funktioniert. Gottlob. Telefon auch, Fernsehen, Heimnetz, Speicher. Mit ist besser als ohne. Ich bin kein Verächter. Vielen Dank, Telekom.

Eine Frage habe ich noch

Wenn erst öffentliche Proteste von Merz-Gegnern und -Mitstreitern bewirken, daß der CDU-Vorsitzende und Anführer der Bundestagsfraktion sein Vorhaben aufgibt, gemeinsam mit einem Trump-Anhänger, einem US-Waffenlobbyisten, einem rechten Publizisten sowie einem Anwalt, der früher die AfD vertrat, die Rednerliste einer Veranstaltung der stramm-konservativen Kampagnenagentur “The Republic” am einunddreißigsten August zu zieren, dann ist wirklich etwas faul in dieser Partei: der rechte Rand nämlich. Wie wenig Geschmackssicherheit, wie wenig Gespür für den Einflussbereich rechter Kräfte, wie wenig zeitgemäßes, wie wenig demokratiestärkendes Denken und Handeln darf sich ein CDU-Parteivorsitzender heute denn noch leisten, wenn er als Vordenker und intellektueller Kopf der Partei bereits ein Totalausfall ist?

Gockel und Gewalttäter

Aber mit dem Regiestil eines Künstlers wie Wedel und mit seinem Gehabe als Gockel und womöglich sogar als Gewalttäter sollte man nicht auch sein Werk verwerfen. Er mag ein Gernegroß und Sittenstrolch gewesen sein, aber die filmischen Sittengemälde, die er hinterlassen hat, besitzen durchaus die Größe, nach der er sich immer gereckt hat. (…) Ein künstlerisches Werk besitzt ein eigenes, von seinem Autor oder seiner Schöpferin unabhängiges Leben. Nur deshalb ist es ein Kunstwerk. Die alte Streitfrage, ob ein Nazi, ein Bösewicht oder ein Vergewaltiger großartige Kunst schaffen könne, sollte unter aufgeklärten Zeitgenossen ein für alle Mal mit Ja beantwortet worden sein. Dahinter gibt es kein Zurück, auch nicht durch #Metoo. (…) Dieter Wedels Mehrteiler faszinierten einst ihr Publikum und lockten trotz Kunstanspruchs die Massen vor die Fernseher. Man darf ihm dieses Verdienst nicht absprechen, weil er wegen Vergewaltigung angeklagt worden ist und sollte zum Beispiel seinen Vierteiler „Der große Bellheim“ von 1993 zu seinen künstlerischen Ehren noch einmal zeigen

Barbara Sichtermann, Im Höhenrausch. Zum Tod des Regisseurs Dieter Wedel, in: epd medien Dreißig/Zweiundzwanzig vom neunundzwanzigsten Juli Zweitausendzweiundzwanzig