Diejenigen, die vorgeben, den Krieg zu lieben, müssen ihn weit weg vom Gemetzel der Schlachtfelder, von verstreuten Leichen und aufgeschlitzten Frauen geführt haben. Krieg ist das absolut Böse. Es gibt weder einen fröhlichen oder traurigen Krieg, noch einen schönen oder einen schmutzigen Krieg. Krieg ist Blut, Leid, verbrannte Gesichter, vom Fieber geweitete Augen, Regen, Schlamm, Exkremente, Müll, Ratten, die über die Körper laufen, abscheuliche Verwundungen, Frauen und Kinder, die verwesen. Der Krieg erniedrigt, entehrt und entwürdigt. Er ist das Grauen der Welt, vereint in einem Paroxysmus des Schmutzes, des Blutes, der Tränen, des Schweißes und des Urins.
Hélie de Saint Marc, 1922 in Bordeaux geboren, war 1941 in den französischen Widerstand eingetreten und nach einer Denunziation in das deutsche Konzentrationslager Buchenwald deportiert worden. Er wurde von dort für zwei Jahre in das Außenlager Langenstein-Zwieberge deportiert. Als Soldat hat er zwei weitere Kriege erlebt: den Indochinakrieg und den Algerienkrieg, beide als Offizier. Er hat am Putsch der Generäle (gegen de Gaulle) teilgenommen und war dafür für lange Zeit in Haft in Frankreich. Er ist Verfasser verschiedener Werke über seine Erlebnisse. Seine Memoiren erschienen unter dem Titel Champs de braises (auf Deutsch unter dem Titel Asche und Glut. Erinnerungen), für die er verschiedene Preise erhielt. Sein Buch Sentinelles du soir erschien auf Deutsch unter dem Titel Die Wächter des Abends (Danke, Karl-Reiner)
Monat: Juni 2023
Gelassen und bei sich bleiben
Aber wenn konservativ sein heißt, gelassen und bei sich zu bleiben, dann ist das permanente kulturkämpferisches Herumwüten und Aus-der-Haut-Fahren auf die Dauer keine Option. Was aus Konservativen wird, die ihr Lächeln gegen die Grimasse des Ressentiments eintauschen, dafür gibt es ja ringsum genügend Anschauungsmaterial. Wer will denn so enden wie die Republikaner oder die Tories. Die CDU hat schon in den 80er und 90er Jahren das neoliberale Zähnefletschen der Reagan- und Thatcher-Ära nicht so recht mitmachen wollen, und als sie das Anfang der 00er Jahre mittels der von dem deutschen Juristen Paul Kirchhof und einem gewissen Friedrich Merz propagierten Bierdeckel-Steuererklärung nachzuholen trachtete, fing sie sich prompt eine traumatische Wahlniederlage ein. Die CDU ist nicht so. Sie ist eine Union. Sie vereint das Verschiedene. Sie ist der parteigewordene Kompromiss. Sie hat es geschafft, Protestanten und Katholiken unter einem Dach zu versammeln; das trägt sie buchstäblich im Namen, das ist ihr größter Stolz. Ihre größte Scham ist, dass es deutsche Konservative waren, die in den frühen 30er Jahren Adolf Hitler zur Kanzlerschaft verholfen haben. Das darf nie wieder passieren. Das wissen die meisten unter ihnen auch.
Max Steinbeis, Das Lächeln in ihrem Gesicht. Konservative und das ökologische Grundgesetz, in: “Verfassungsblog” von heute
Migration neu denken
Man muss Migration neu denken. Zur Grundausstattung jedes Menschen gehören Füße und mit denen kann man sich fortbewegen. Alle Völker und Kulturen haben diese Möglichkeit mehr oder minder stark genutzt. Manche gehen, manche bleiben und wenn es eng wird, gehen viele.
Menschen sind kein Spargel und sprießen nicht aus deutscher Scholle. Wer auch immer in Kerneuropa so herumspringt, seine Vorfahren sind auch irgendwann mal aus Ostafrika oder anderen Ursprungsgebieten hier her geschlurft. Nicht mal die alte Religion, das Christentum in all seinen Unterformen, ist in Deutschland entstanden. Jesus von Nazareth wusste nichts von Köln, Passau oder Altötting.
Der europäische Umgang mit Menschen, die hier her möchten, ist mit unseren Werten nicht vereinbar, spottet Artikel Eins GG, der allgemeinen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte und wird als Schandfleck unserer Zeit in Erinnerung bleiben. Warum dürfen Personen, die den Mut zur Migration aufbringen, nicht das Flugzeug nehmen? Bei der Ankunft könnte man dann schauen, wie es gemeinsam weiter geht, welche Schulungen gut wären und welche Abschlüsse anerkannt werden können.
Das ist keine rührselige Utopie: Es wird ohnehin so kommen.
Nils Minkmar, Newsletter: Der siebte Tag. Der Name der Reise
Lucinda Williams – it’s a long way to the top
Klimaschutzjournalismus: Wo sind Perspektive und Kontext?
Es kostet Zeit und Mühe, Hypes zu entzaubern. – Zu der Erkenntnis kann auch kommen, wer sich in die Berichterstattung über Wärmepumpen und Gebäudeenergie vertieft. Es hat in den vergangenen Wochen in Teilen des Journalismus offensichtlich an viel Zeit und Mühe gefehlt. Ein paar Beiträge zur Hype-Entzauberung gab es (Altpapier). Aber maßgeblich bestimmt war die Debatte über das Gebäudeenergiegesetzesvorhaben des Klima- und Wirtschaftsministeriums von blöd-boulevardesken Krampf-Kategorien wie “Habecks Heiz-Hammer”.
Das Gesetz hatte oder hat Schwächen, Lücken – nennen Sie es, wie Sie wollen. Vielleicht hat es sogar eine Menge Schwächen, über die unbedingt zu reden war und ist. Aber die Debatte darüber strotzte und strotzt vor Unredlichkeit. Friederike Haupt schreibt heute im “FAZ”-Leitartikel: “Gefährlich ist (…) nicht der Streit, sondern die Vermeidung des Arguments. Sie verleiht Erregungsgrad und Lautstärke eine Bedeutung, die ihnen nicht zukommt.” Sie belegt ihre Kritik mit Äußerungen aus der CDU (“Heizungswahn”, “Energie-Stasi”).Aber ebenso der Rede wert ist die Performance von Medien. Harald Staun hat sie in der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” nachgezeichnet und die Unredlichkeit exemplarisch in den Kampagnen von “Bild” und Bootskapitän Gabor Steingart festgestellt,
“der täglich neue Listen von Halbwahrheiten raushaut, ’Die sieben Irrtümer des Robert Habeck”, die ‘sechs Zumutungen, die den Minister und die Wirtschaft (…) aus dem Takt gebracht haben’, ‘fünf Fakten, die Habecks Leuchtkraft schwächen’. Auch andere Medien schenken dem Streit viel mehr Aufmerksamkeit als der kompetenten Aufklärung, als könnte man das politische Kalkül dahinter nicht deutlich erkennen.”
Wobei es noch keine Erkenntnis ist, dass es im Journalismus diskursive Unredlichkeit gibt. Selbstverständlich gibt es die. Interessant und relevant ist aber, dass so viele darauf einsteigen, als wäre das ein alternativloses Vorgehen. Harald Staun schreibt:
“(A)uch die, die ihre Kritik ein bisschen eleganter formulieren, behandeln das Thema oft mit journalistischen Reflexen, die angesichts der tatsächlichen Herausforderungen selbst wie Rudimente einer schrottreifen Technologie wirken: Personalisierung und Performance-Kritik, Koalitionsstreit-Ticker und Insider-Tweets vom parteipolitischen Hickhack, Reportagen über problematische Einzelfallschicksale – das sind die dürftigen Genres eines Politjournalismus, dessen chronische Defizite nun fast bizarr wirken.”Es ist, als wäre eine KI am Werk: Wenn erstmal eine kritische Masse an Beiträgen erschienen ist, in denen das Wort “Heizhammer” auftaucht, wird es wohl quasi automatisch auch in andere eingerechnet, als handelte es sich um einen ernstzunehmenden Befund aus der Klimawissenschaft. Nochmal Harald Staun:
“Der Preis für die mediale Präsenz von Klimaschutzthemen ist offenbar, dass jede konstruktive Berichterstattung in den Routinen eines Nachrichtenjournalismus aufgerieben wird, der Aktualität und Nähe auch in einem Bereich für die Leitwährung hält, in dem Perspektive und Kontext viel relevanter wären.”
Klaus Raab, Altpapier