Diejenigen, die beim Thema Klimaschutz Desinteresse zeigen, sollen sich anhören, welche Beobachtungen Klimawissenschaftler weltweit machen. Wem Klimaschutz zentral ist, soll umgekehrt zur Kenntnis nehmen, dass in diesem Land viele voller Sorge Ratschläge hören, Deutschland zu deindustrialisieren. Befürworter einer Lieferung des Taurus an die Ukraine sollen für einen Moment die Perspektive des Kanzlers einnehmen, ob das Risiko zu hoch ist. Und die Gegenseite möge sich die Frage anhören, ob sich Deutschland von Russland gerade einschüchtern lässt. Für diesen Journalismus braucht es Sachlichkeit und kühlen Kopf, die Bereitschaft, ausnahmslos alle Positionen zu hinterfragen – und auch die Gelassenheit, auch einmal ein Interview mit einem Abgeordneten der AfD anzuhören. Es ist nicht Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten, die AfD zu bekämpfen – es ist ihr Auftrag, genau zu beschreiben, ob und wie gefährlich die Partei ist. Das ist ein feiner, aber wichtiger Unterschied. Und das Publikum soll ruhig auch einmal Anstoß an einer Meinung nehmen. Den größten Dienst für die Demokratie erweisen Medien, wenn sie ihr Publikum umfassend aufklären und nicht vor unerfreulichen Sichtweisen abschirmen. Journalisten sollen Neugierde mitbringen, die Motivlagen von Menschen aufspüren, keine einfachen Antworten zulassen. In diesem Jahr wird gleich bei vier großen Wahlen der Puls der Demokratie gemessen. Medien und Presse liefern als Medizin und zur politischen Stärkung vorab Information und Aufklärung. Eine solchermaßen informierte Bevölkerung wird sich gerade eher nicht für billige populistische Konzepte jedweder Couleur erwärmen.
aus: Friedbert Meurer, Kommentar. Journalisten haben nicht den Auftrag, die AfD zu bekämpfen in: Deutschlandfunk
„Es ist nicht Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten, die AfD zu bekämpfen – es ist ihr Auftrag, genau zu beschreiben, ob und wie gefährlich die Partei ist.“
Das beschreibt schon den schmalen Grat: Die Einstufung, dass eine Partei „gefährlich“ ist, ist schon eine Wertung.