Im Gespräch mit den Korrespondentinnen und Korrespondenten fällt heute besonders stark eine Moderationstechnik auf, die Lanz in den vorangegangenen 1999 Sendungen perfektioniert hat: der treibende Brummlaut.
Spricht die Gesprächspartnerin oder der Gesprächspartner, macht Lanz im Schnitt alle zehn Sekunden motivierend „Mmh“ oder „Mhm“. Allein in dieser zweitausendsten Sendung bringt Lanz es auf sage und schreibe (der Zuschauer hat Strichliste geführt) 303 treibende Brummlaute. Hochgerechnet auf alle Sendungen sind das unglaubliche 600 000 zustimmende Brummlaute, die den Redeflow des Gegenübers im Gang gehalten, das konzentrierte Zuhören des Moderators unterstrichen, den Zuschauer in den Wahnsinn getrieben haben. Aber nicht so sehr, dass er abschalten würde, weil diese Eigenart mindestens so sympathisch wie nervig ist.
„Mhm.“ – „Ja.“ – „Interessant.“ – „So.“ – „Ja.“ – „Das ist genau mein Punkt!“ – „Genau.“
Hören wir mal rein in den unvergleichlichen Lanz-zuhör-Sound. Eine Collage des Abends, ein Destillat des anfeuernden Ganz-Ohr-Seins, angereichert mit den ebenfalls stilbildenden Einzelwortwiederholungen und Nebenbei-Einwürfen des am äußersten Sesselrand sein Kinn befühlenden Moderators.
„Mhm.“ – „Ja.“ – „Interessant.“ – „So.“ – „Ja.“ – „Das ist genau mein Punkt!“ – „Genau.“ – „Mit der Bitte um kurze Antwort.“ – „Mhm!“ – „Mmh.“ – „Mhm.“ – „Ja.“ – räuspert sich – „Hm-hm-hmm!“ – „4000 Kilometer, glaube ich.“ – „Mmh.“ – „Mhm.“ – „Ja!“ – „Halbleiter.“ – „Den gibt es nicht! Ja! Ja!“ – „Mhm.“ – „Mh.“ – „Äquidistanz.“ – „So!“ – „Amerika.“ – „Brasilien.“ – „Der sogenannte globale Süden.“ – „Mmh.“ – „In der Tat.“ – „Schönen guten Abend nach Nairobi. Was ist der Grund des Erfolgs der Chinesen in Afrika?“ – „Mhm. – „Mhmhm.“ – „Okay!“ – „Hahaha!“ – „Mmh.“ – „Was geht da vor sich?“ – „Mmh.“ – „Die chinesische App Tiktok.“ – „Was heißt das genau?“
Bernhard Heckler, Der Talk-Monolith. 2000. Sendung Markus Lanz, in: Süddeutsche Zeitung vom vierundzwanzigsten Oktober Zweitausendvierundzwanzig