Tag: 21. Januar 2025

“Sie verstellen sich nicht”

Man „höre die Rede der Spitzen-, jetzt Kanzlerkandidatin dieser rechtsradikalen Partei, die auf der Klaviatur der Unsagbarkeiten ebenso spielen kann wie auf der, sich als Opfer eines Mainstreams darzustellen, der ihr ihre demokratischen Rechte verweigert. In dieser Rede hat Alice Weidel – „Al(les)ice für Deutschland“ – einen Ton angeschlagen, der nicht einmal in die Nähe des Verdachts kommen könnte, für mitte-rechts-orientierte Wählerinnen und Wähler auch nur ansatzweise akzeptabel zu sein. Es war eine ekelhafte Rede, das Gesicht der Rednerin zur Fratze erstarrt, von Hass zerfressen und in den Inhalten dümmer, als man es sich auch mit viel Fantasie vorstellen konnte. (…) Das ist vielleicht das Frappierende an der ganzen Sache – sie verstellen sich nicht. So unsagbar und unerwartbar, so wenig satisfaktionsfähig und ernst zu nehmen die Dinge inhaltlich sind, so wenig scheint das für die Sprecher ein Problem zu sein. Das bedeutet dann aber, dass die kommunizierten Inhalte für Gegenargumente, für Widerlegung oder auch nur Verunsicherung erreichbar wären. Man wird diese Leute nicht dadurch erreichen, dass man sie widerlegt – im Gegenteil, die Widerlegung stabilisiert die Distinktion. (…) Die Mechanismen der Verarbeitung politischer Inhalte und Informationen können solche Formen der politischen Selbstimmunisierung gar nicht erreichen.

Armin Nassehi, MONTAGSBLOCK /308