Schlagwort: Erich Kästner

Skat

Wer nur auf die Politiker schimpft, ist kein gutes Vorbild. Vielmehr sind wir alle gefragt, bei der nachwachsenden Generation das politische Interesse zu wecken – nicht nur als Eltern, sondern auch als Onkel, Tanten, Großeltern und Freunde. Gerade wenn sich die Stürme der großen Politik zusammenbrauen, ziehen wir uns gern ins Private zurück. Erich Kästner hat einmal geschrieben: „Draußen wackeln die Konzerne. Und es wackelt schon der Staat! Doch Ihr schweift nicht in die Ferne. Ihr drescht Skat.“ Das war 1930. Der Rest ist Geschichte.

Sebastian Gallander, Politische Bildung: Jugendliche verkommen zu politischen Analphabeten, in: Cicero, siebenundzwanzigster März Zweitausendundfünfzehn

Erich Kästner: Hymnus auf die Bankiers (1929)

Der kann sich freuen, der die nicht kennt!

Ihr fragt noch immer: Wen?
Sie borgen sich Geld für fünf Prozent
und leihen es weiter zu zehn.

Sie haben noch nie mit der Wimper gezuckt,
Ihr Herz stand noch niemals still.
Die Differenzen sind ihr Produkt.
(Das kann man verstehn, wie man will.)

Ihr Appetit ist bodenlos.
Sie fressen Gott und die Welt.
Sie säen nicht. Sie ernten bloß.
Und schwängern ihr eignes Geld.

Sie sind die Hexer in Person
und zaubern aus hohler Hand.
Sie machen Gold am Telefon
und Petroleum aus Sand.

Das Geld wird flüssig. Das Geld wird knapp.
Sie machen das ganz nach Bedarf.
Und schneiden den andern die Hälse ab.
Papier ist manchmal scharf.

Sie glauben den Regeln der Regeldetrie
und glauben nicht recht an Gott.
Sie haben nur eine Sympathie.
Sie lieben das Geld. Und das Geld liebt sie.
(Doch einmal macht jeder Bankrott!)