Unter dem Titel: “Westerwelles kleine Welt” veröffentlichte die Berliner Zeitung einen Text des Historikers Götz Aly zur “kleinen Erfahrungswelt” unseres Außenministers.
Guido Westerwelle wurde 1961 in einem Vorort von Bonn geboren, wuchs in Bonn auf, beide Eltern waren Rechtsanwälte, der Vater pflegte den Reitsport, die Mutter das Golfspiel. Um die Bundeswehr kam Abiturient Guido irgendwie herum und studierte sodann sieben lange Jahre Jura; das Zweite juristische Staatsexamen legte er nach weiteren vier Jahren ab. Das alles geschah in Bonn, immer in Bonn. Im Alter von 22 Jahren wurde Westerwelle Vorsitzender der Jungen Liberalen. Seither amtiert er als politischer Funktionär und Bundespolitiker. (…) Westerwelle zeigte keinerlei Neugier, sammelte nirgends Erfahrungen, irrte sich nie, wollte nicht im Ausland studieren. Er pflegte die eigene Langeweile. So formte sich der Leistungsträger Westerwelle. Was es bedeutet, im Arbeitsamt eine Wartenummer zu ziehen, Kinder durch Schule und Ausbildung zu schleusen, einen niederschmetternden Rentenbescheid zu lesen, von solchen Lebensleistungen weiß er nichts. Anders als die Biografien von Franz Müntefering, Angela Merkel, Wolfgang Schäuble oder Petra Pau verlief seine Vita ohne jeden Bruch. Westerwelle und ein erheblicher Teil der FDP-Spitze repräsentieren eine Generation von Plastikmännern und -frauen, die in den fettesten Jahren der westdeutschen Republik im anstrengungslosen Wohlstand aufgewachsen sind und außer Sprüchen wenig geleistet haben. Im Jahr 2001 erhielt Guido Westerwelle seine bislang bedeutendste Auszeichnung: Krawattenmann des Jahres.
Ich rätsele noch, ob ich das wirklich unter Polemik abheften soll. Vielleicht ist es doch der Kern eines Psychogramms.