Meine eigene Karriere als Klassenclown ist, zugegeben, sehr, sehr lange her. Und mitunter erinnere ich mich nur mühsam. Sicher aber weiß ich, daß ich die dunkle, in unserem Falle grüne Tafel, nicht hätte mit dem Gesicht des Glücks übermalen können. Mir fehlten alle zeichnerischen Fähigkeiten für ein regenbogenfarben strahlendes Gesicht des Glücks. Gottlob aber ergaben sich ja vielfältige Möglichkeiten, die Fähigkeiten als Klassenclown zu proben und zu entfalten. Wie komme ich jetzt auf den Klassenclown? Heute wird weltweit der Internationale Kindertag begangen. Lediglich in Deutschland und in Österreich feiern wir den Weltkindertag am zwanzigsten September. Sei‘s drum. Jacques Prévert, der trotz mißratener Schulkarriere als leidenschaftlicher Schwänzer zum großen französischen Dichter avancierte, hat sich in seiner literarischen Kunst deutlich gegen die Zurichtung der Kinder in der Schule ausgesprochen. Beispielsweise hat er auch über den Schulversager geschrieben, in dem er die “Gefangennahme” des kindlichen Geistes in der Schule kritisiert, in der das Kind seiner individuellen Kraft beraubt werde. Und was für ein Szenario: die gescheitelten Köpfe der Musterschüler, der Lehrer mit dem lauernden Blick, Fragen als Salven, Problemkugelhagel.
Der Klassenclown
(nach Le cancre; aus: Paroles, 1946)
Unter ihm
die gescheitelten Köpfe
der Musterschüler,
vor ihm
der lauernde Blick
des Lehrers.
Die Salven der Fragen
prasseln auf ihn ein,
er taumelt
im Kugelhagel der Probleme,
die nicht die seinen sind.
Plötzlich aber
lacht sich der helle Wahnsinn
durch sein verdüstertes Gesicht.
Er greift nach dem Schwamm
und wischt es einfach weg,
das Labyrinth aus Zahlen und Fakten,
aus Daten und Begriffen,
aus Phrasen und Formeln,
und übermalt
unter dem Gejohle der Klassenmanege
regenbogenfarben
die dunkle Tafel des Unglücks
mit dem strahlenden Gesicht des Glücks.