Die nur sehr selten zu lesende Bezeichnung Sakralstalinist bezeichnet derart eindeutig, daß alle Welt auf der Stelle weiß, wer gemeint ist mit der ursprünglich von Jürgen Becker verwendeten ungewöhnlichen Zuschreibung. Vor wenigen Tagen noch verursachte der Träger dieser wenig ehrenvollen Bezeichnung einen weiteren Skandal in seiner nicht wirklich skandalfreien Amtszeit, als er vor Gläubigen der nicht unumstrittenen katholisch-konservativen Bewegung Neokatechumenaler Weg bramarbasierte: „Ich sage immer, eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien.” Rumor war die Folge. Innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche, in fast sämtlichen Medien. Mal wieder hatte der Sakralstalinist alle Aufmerksamkeit. Die Entschuldigung, die pflaumenweiche, die auf den Fuß folgte, ist kaum, nein ganz und gar nicht ernst- und anzunehmen. Von “unglücklicher Wortwahl” war die Rede. Und das bei einem Man, dessen Beruf es ist, mit seinem Wort zu wirken, Anhänger zu begeistern, andere zu bekehren, Zugang zu finden zu Menschen durch Verkündigung, durch Sprache, durch Sätze und Worte. Kaum hat sich der Qualm der Empörung ein wenig verzogen, meldet sich der Mensch mit dieser wenig schmeichelhaften Bezeichnung wieder zu Wort. Er warnte heute vor “sexueller Verwilderung”, an der vor allem das Internet Schuld habe. Ich frage mich, was ein achtzigjähriger Mann, die längste Zeit seines Lebens sexuell enthaltsam lebend, von sexueller Verwilderung wissen kann und vom Internet. Ich will doch nicht annehmen, daß der Mann auf seine alten Tage beim Surfen in jenem Internet auf anstößigen Seiten gelandet ist und ihn das dermaßen verwirrte, daß er mal wieder die Welt zu warnen hatte. Gottlob wird dieser Mann Ende dieses Monats in den keineswegs wohlverdienten Ruhestand versetzt. Hoffentlich wird dann der Hassprediger in Purpur keine Bühne mehr für Attacken auf Anstand und guten Menschenverstand haben.