Die Grünen am Ort hier sind sich nicht mehr richtig grün. Seit geraumer Zeit sprechen ganze Gruppen der Partei nicht mehr wirklich miteinander. Die Parteiführung und Teile der Fraktion. Jutta und Dietmar Paulig sowie Andreas Willinghöfer stehen ausdrücklich zur Koalition des Regenbogens, also zum Bürgermeisterbündnis aus FDP, WNKUWG, Büfo, zur Mehrheit im Stadtrat, während die Gruppe um die Vorsitzende Katharina Sachser wohl andere Bündnisse präferiert. Früher hieß das Richtungsstreit oder Kampf zweier Linien. Nichts wirklich Ungewöhnliches für eine Partei. Und wie uns die Geschichte der grünen Partei selbst lehrt, kann ein solcher Richtungsstreit am Ende sogar produktiv sein. Es ist also keineswegs schon ausgemacht, daß die aktuelle grüne Sprachlosigkeit die Grünen nicht mehr auf einen grünen Zweig kommen lassen wird. Es wird nur nicht am grünen Tisch entschieden werden können, welchen Weg die Mehrheit der Partei wird gehen wollen. Die politische Praxis wird den Weg weisen, das Verhalten und die Interessen der Mitglieder. Weiter hin zu einer bürgerlich-liberalen Gruppierung an der Seite eher rechtsbürgerlicher CDU-Abweichler und der immer noch neoliberalen Freidemokraten. Oder werden sie den linksbürgerlichen Akzent setzen in einer anderen, eher sozialdemokratisch dominierten Parteienkonstellation. Das ist nicht dasselbe in Grün. Und entscheiden werden das nicht wenige Vordenker. Das Markenzeichen der Grünen war und ist seit jeher das Selbstbewußtsein der Basis, das mitunter die Bedeutung lokaler Prominenz, öffentlicher Ämter oder hoher Funktionen in der Partei mit einer Handbewegung beiseite wischen konnte. Aber dafür muß man die mittlerweile auch in die Jahre gekommene Partei nicht mehr über den grünen Klee loben.
Schlagwort: Jutta Paulig
Morgenpost: Sorge um die Grünen
Was ist los im Staate Wermelskirchen? Das fragt sich besorgt Gundhild Tillmanns in der heutigen Online-Ausgabe der Bergischen Morgenpost. Es geht um die Grünen. Im Hauptausschuß des Rates hatte die ehemalige Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jutta Paulig, wohl gegen einen von ihrer Nachfolgerin, Gisela Grangeret, eingebrachten Antrag votiert. Die Folge: Die Grünen enthielten sich bei der Abstimmung zu ihrem eigenen Antrag. Nur die SPD stimmte zu. Was sagt uns nun diese kleine Episode Wermelskirchener Kommunalpolitik? Erstens sagt sie uns, daß von Fraktionszwang bei den Grünen keine Rede sein kann. Das sieht Frau Tillmanns auch so. Und wir alle sollten es zufrieden sein. Von allen Übungen parlamentarischer Demokratie ist der Fraktionszwang die Übelste. Parlamentarier geben ihren Kopf an der Garderobe ihrer Fraktion ab und ihre eigene Meinung auf. Wie heißt es so schön in Artikel 38 unseres Grundgesetzes über die Abgeordneten: “Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.” Diese Formulierung sollte analog zum Bundestag auch für die vom Volk gewählten Vertreter in den Stadträten gelten. Insofern kann man wohl nicht kritisieren, was sich am Montag im Hauptausschuß zugetragen hat. Da gab es offenbar unterschiedliche Meinungen innerhalb einer Partei, einer Fraktion. Na und? Wir alle sollten uns wünschen, daß das der Normalfall ist. Ist er wohl auch. Nur der unheilige Fraktionszwang vernebelt, daß es mitunter unterschiedliche, widerstreitende Auffassungen auch in politischen Parteien gibt. Selbst in den hermetischsten Parteien lassen sich abweichende Meinungen nicht verhindern. Und zweitens sagt uns diese kleine Episode Wermelskirchener Kommunalpolitik, daß dann, wenn der Fraktionszwang einmal nicht greift und Abgeordnete unabhängig von den Vorgaben ihrer Partei oder Fraktion argumentieren oder votieren, daß dann Gefahr droht. “Was sich im Hauptausschuss zeigte, spiegelt Richtungskämpfe innerhalb der Grünen wieder: Da sind die Altgedienten und politisch-Erfahrenen auf der einen Seite. Auf der anderen Seite die ganz Neuen, die sich selbst nach der Kommunalwahl sofort an Partei- und Fraktionsspitze katapultiert haben”, kommentiert Gundhild Tillmanns in der Morgenpost. Was denn nun? Freiheit vom Fraktionszwang oder Richtungskampf? Da muß man sich dann schon entscheiden. Unabhängige Abgeordnete oder durchgreifende Fraktionen? Frau Tillmanns scheint mir aber nicht wirklich besorgt zu sein um die Grünen. Auch, wenn sie die Grünen-Zerreißprobe an die Wand malt. “Das kann aber die Grünen zum Zerreißen bringen – und schlimmstenfalls sogar das Regenbogen-Bündnis gleich mit. Hoffentlich siegt die Vernunft!” Aha. Zunächst hat sich Frau Tillmanns lobend an die Grünen herangeschlichen mit dem Verweis auf die Freiheit vom Fraktionszwang. Dann aber läßt sie die Katze aus dem Sack, wenn diese Freiheit vom Fraktionszwang das Regenbogen-Bündnis in Gefahr zu bringen scheint. Hier haben wir das eigentliche Motiv für den Kommentar von Gundhild Tillmanns: Die Mehrheit für den Bürgermeister. Nicht, daß wir uns falsch verstehen. Frau Tillmanns darf dieser Meinung sein und sich in der Presse für den Erhalt der Bürgermeisterkoalition einsetzen. Nicht aber auf Kosten der Unabhängigkeit von Abgeordneten. Man kann nicht die Freiheit vom Fraktionszwang loben, die Wahrnehmung dieser Freiheit aber als Unvernunft denunzieren. Hoffentlich siegt die Vernunft. Auch in der lokalen Presse.