Schlagwort: Wermelskirchen

Scherbenhaufen

Üblicherweise gibt es nach Wahlen nur Sieger. Parteisprecher sind bisweilen Meister der Interpretation von Zahlen und Prozentpunkten. Das ist in Wermelskirchen seit gestern Abend anders, jedenfalls, was die einst große CDU und die immer weiter in der Wählergunst schrumpfende SPD angeht. Das Wahlergebnis ist so eindeutig, daß keine rabulistische Beschönigung mehr möglich ist: CDU und in ihrem Schlepptau die SPD sind die eindeutigen Wahlverlierer. Sie stehen vor einem riesigen politischen Scherbenhaufen. Ihr Bürgermeisterkandidat ist nicht einmal von allen ihren Wählern für den Stadtrat unterstützt worden. Die Bürger haben sich durch die häßliche Kampagne gegen Weik oder die Bergische Morgenpost nicht beirren lassen. Sie haben sich von den eher an Krawall orientierten Verantwortlichen in CDU und SPD eindeutig abgesetzt. Wer vor der Wahl andere Parteien als “Splitterpartei” denunziert, nach der Wahl aber kaum mehr Stimmen erreicht hat als diese Gruppierungen, der muß sich fragen lassen, wo der politische Instinkt geblieben ist.  Rainer Bleek von der SPD etwa bedauert, daß die Parteibindung keine Rolle mehr gespielt habe. Parteibindung kann sich nur ergeben, wenn die Partei die Interessen und Bedürfnisse der Menschen kennt, Stimmungen zu erspüren in der Lage ist – und erst dann Machtoptionen entwickelt. “Politik muß wehtun.” Mit diesen Worten wurde der CDU-Grande Bosbach in der Lokalpresse zitiert. Fragt sich nur: Wem? In Wermelskirchen den Parteien, die unbeirrt vom Wählerwillen Krawall und Zwietracht in die Stadt gebracht hatten. Weiterlesen

Weimarer Verhältnisse

Eigentlich wollte ich heute nichts mehr schreiben zum Wahlkampf, denn es reicht ja.

Allein: Die seit gestern umgestaltete SPD-Homepage mit einem Wahlaufruf läßt mich doch noch einmal zur Tastatur greifen. Wer “Weimarer Verhältnisse” nicht wolle und dagegen sei “dass die Zukunft unserer Stadt weiter von zahlreichen Splitter-parteien abhängt, die ihre Klientelpolitik durchsetzen, aber keine Perspektive für ganz Wermelskirchen” böten, der solle heute SPD wählen.

Hm. Weimarer Verhältnisse. Das waren nicht nur die vielen Parteien im Deutschen Reichstag. Das waren vor allem das politische Chaos,  die bürgerkriegsähnlichen Verhältnisse, Umsturzversuche und Aufstände, in die undemokratische Kräfte die Gesellschaft und die Demokratie stürzen wollten und gestürzt haben. Das war eine bestimmte Kultur des Krawalls, eine Politik der Gewalt – gegen eine noch nicht sehr entwickelte demokratische Kultur, gegen eine nicht wirklich wehrhaft gewordene Demokratie.

Von all dem kann in Wermelskirchen aber keine Rede sein. Zugegeben: wir haben viele Parteien im Rat. Das alleine aber reicht keineswegs aus, mit dem Schreckgespenst der “Weimarer Verhältnisse” zu operieren.

Mich wundert doch bisweilen, wie sorglos die SPD mit historischen Vergleichen umgeht.

Endspurt

Endspurt im Wahlkampf. Die Parteien wenden sich (vermutlich ermattet) noch einmal den Bürgern zu. Einkauf bei Edeka am Belten. Ein freundlicher SPD-Mann überreicht mir einen SPD-Chip für Einkaufswagen, gepaart mit dem Hinweis, ich solle die Wahl nicht vergessen. Er kannte mich nicht. Sonst hätte ich den Chip vielleicht gar nicht bekommen. Meine Wahlkampfausbeute: Sehr viel Papier, zuviel und zuwenig zugleich, einen blauen CDU-Kugelschreiber und ein CDU-Blöckchen, ein SPD-Chip.

Und sehr viel Enttäuschung

“Grundsätzlich wählbar”

“In der Sache gibt es gar nicht viele gravierende Unterschiede. Die tun sich eher in in Fragen der Persönlichkeit auf. Aber alle drei Kandidaten sind meiner Überzeugung nach wählbar.” So der Kommentar von Thomas Wintgen im heutigen Wermelskirchener Generalanzeiger.

Das will ich hoffen, daß alle drei Kandidaten für das Bürgermeisteramt in Wermelskirchen grundsätzlich wählbar sind. Wäre ja noch schöner, wenn die Wermelskirchener Bürger im Rahmen dieses grauenvollen Wahlkampfs auch unwählbare Kandidaten präsentiert bekommen hätten.

Es geht aber nicht nur um die grundlegende Wählbarkeit der Kandidaten, also die Persönlichkeiten und die persönlichen Eigenschaften. Wir haben zwei Kandidaten und einen Amtsinhaber. Käme einer der beiden Kandidaten ins Amt, hätten wir also den fünften Bürgermeister in Folge, der sich neu einarbeiten muß. Ich habe es in meinem ersten Artikel in diesem Blog schon geschrieben: “Das Amt des Bürgermei­sters ist (..) kein Lehrberuf. Man braucht seine Zeit, um eine Stadtverwaltung führen zu können, die örtli­chen Begebenheiten zu kennen, kulturelle Beson­der­hei­ten zu erfahren, den Menschen, ihren Verei­nen und Organisationen bekannt zu werden, ihre Nöte, ihre Interessen und Sorgen zu erfahren, die wirtschaftli­chen und finanziellen Bedingungen der Stadt zu durchschauen. Warum also sollte ich dafür sein, jetzt schon wieder einen neuen Bür­germeister zu installieren? Nur weil mit SPD und CDU die Ver­lierer der letzten Wahl gemein­same Sache machen und im Rat herrschen wollen wie einst? (…)  Diese Stadt braucht nicht den fünften Bürgermeister seit Heinz Voetmann. (…) Nicht Eric Weik verdient die zweite Amts­periode, sondern wir, die Bürger dieser Stadt.”

Das will ich einen Tag vor der Wahl doch noch einmal bekräftigen.

Herr Husfeldt: Wo bleibt die politische Kultur?

“Wermelskirchen versinkt in einer Schlammschlacht und der Bürger ist genervt.” So beginnt ein Beitrag von H.-D. Husfeldt auf seiner Kandidatenhomepage, überschrieben mit: Wo bleibt die politische Kultur?

Sein Plädoyer für eine andere politische Kultur endet mit dem Satz: “Egal wer
gewinnt – ich hoffe, dass im Rathaus von Wermelskirchen ein echter Umdenkungsprozess beginnt!”

Den ersten Satz unterschreiben gewiß (fast) alle Bürger in unserer Stadt. Den letzten Satz könnten  die meisten dann unterschreiben, wenn nicht nur vom Rathaus die Rede wäre, sondern auch von den Parteizentralen. Auch denen der Husfeldt unterstützenden Parteien.

Zwischen diesen beiden Sätzen ist jedenfalls von einem Umdenken auch für seine Person nichts zu lesen. Husfeldt kritisiert die anderen, betreibt generelle Politiker- und Bürgermeisterschelte und versucht, den Eindruck zu vermitteln, als habe er mit dem Wahlkampf, wie er sich entwickelt hat, nicht auch nur das Geringste zu schaffen. Herr Husfeldt, ist das Pamphlet “Extrablatt” nicht auch in Ihrem Namen veröffentlicht und verteilt worden?

Nein, nein, jetzt sind die Bürger des von Ihnen mitgestalteten Wahlkampfs uberdrüssig. Aber jetzt sollte Sie auch den Kopf dafür hinhalten. Sie waren und sind beteiligt. Die sind einer der Protagonisten in diesem Wahlkampf. Tun Sie jetzt bitte nicht so, als seien Sie ein angewiderter Beobachter. Ich wasche meine Hände in Unschuld. Das haben schon bedeutendere Personen als Sie gesagt. Und auch damals hat es nicht gestimmt. Wer mit dem Finger auf andere zeigt, auf denen weisen vier Finger der eigenen Hand zurück. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr. Wenn Ihnen ein Umdenken wichtig ist, fangen Sie damit an.

Jochen Bilstein bricht sein Schweigen

In einem Beitrag: !AKTUELL! – Grimm’s Märchenstunde oder wie Büfo, WNK/UWG und RP mit der Wahrheit umgehen nimmt der Fraktionsvorsitzende der SPD, Jochen Bilstein, nunmehr doch Stellung zur Aussage des potentiellen Investors für den Loches-Platz, Gerhard Uhle. (Es wurde ja auch Zeit, denn die pubertäre Verweigerung – “Ich gebe keine Stellungnahme mehr ab – und das auf Dauer” hat doch arge Verunsicherung – gewiß auch in den eigenen Reihen- bewirkt.) Uhle hatte erklärt, die SPD sei am Ende eines Treffens bei ihm in Bochum bereit gewesen, auf eine europaweite Ausschreibung zu verzichten.

Um es kurz zu machen, der wichtigste Satz von Jochen Bilstein lautet: Uhles “Behauptung ist komplett unwahr”.

In Wirklichkeit hätten die Vertreter der SPD-Fraktion bei diesem Treffen “erklärt, dass sie ihrer Fraktion und dem Partner CDU vorschlagen würden, die Rechtsvertreter von CDU/SPD und des Bürgermeisters an einen Tisch zu holen und ihre Positionen diskutieren zu lassen. Sollte sich daraus einvernehmlich ein anderer als der Weg einer europaweiten Ausschreibung erkennen lassen, würde diese Alternative von allen Beteiligten ernsthaft ins Auge gefasst werden.” Bilstein, Reetz und Schulte, die Delegation der SPD, hätten “selbstverständlich alle Absichten unter dem Vorbehalt einer entsprechenden Zustimmung erklärt.”

Zu dem vereinbarten Treffen der Anwälte ist es aus Termingründen nicht mehr gekommen und die SPD habe sich dann zur europaweiten Ausschreibung entschlossen, nachdem ein Vertreter des Städte- und Gemeindebundes den europaweiten Weg als den einzig gangbaren beschrieben hatte.

Jetzt verrate mir mal einer, warum eine solche Stellungnahme nicht schon Tage vorher publiziert werden konnte. Dann nämlich, als Herr Bilstein von Frau Tillmanns (BM) um eine solche gebeten worden ist. Jochen Bilstein beantwortet auch diese Frage. Er werde der “Propagandistin Tillmanns” nichts mehr sagen, weil die aus seinen Stellungnahmen Artikel produziere, “die aus einem Lehrbuch für ‘schwarzen Journalismus’ stammen könnten”.

Tja, ich bleibe dabei. Ich fand schon Helmut Kohls Weigerung, mit einem Spiegel-Redakteur auch nur zu sprechen, anmaßend, unerwachsen und undemokratisch. Manche Politiker bevorzugen Journalisten “auf Linie”. Warum soll ich mein Urteil nun ändern, weil ein Sozialdemokrat sich ebenso verhält. Journalistenschmähungen beseitigen die Spaltung in der Stadt nicht, tragen nicht dazu bei, das Klima zu entspannen. Ich finde, daß verbale Abrüstung erforderlich ist. Auch SPD-Wähler wünschen sich andere Umgangsformen, wie man mir in den letzten Tagen vermehrt versichert.

Eine Frage hat Herr Bilstein nicht beantwortet. War die CDU mit dem Vorschlag der SPD für eine Anwaltsrunde  einverstanden?

Ein Meisterstück politischer Plakatkunst

Ein Meisterstück politischer Plakatkunst. Dagegen sind Klaus Staeck oder John Heartfield blutige Amateure.

Was wollen uns die Urheber mit diesem Meisterstück denn sagen? Wir haben mit dem Rathaus nichts zu tun? Das gilt ja nur für die letzten Jahre. Eingeweiht worden ist das Rathaus 1983. Da stellte die CDU die Mehrheit des Rates und den Bürgermeister. Wollen sie sich womöglich für den Bau bei den Bürgern entschuldigen? Das wäre dann sehr subtil angelegt. Oder wollen sie vielleicht dem Amtsnachfolger von Voetmann, Loepp, Niehaves und Heckmann, allesamt CDU, den maroden Prachtbau in die Schuhe schieben? Das will man kaum glauben, handelt es sich bei der örtlichen CDU doch um eine verantwortungsbewußte Partei, die respektabel mit der Verwaltung und ihrem Chef umgeht und vor allem die Bürger der Stadt nicht hinters Licht führen will. Oder ist es schlicht ein Test, was die Bürger im Laufe der Zeit so alles vergessen?

Fragen über Fragen …

Einkassiert

Ein Kommentator zu meinem Beitrag Am Tiefpunkt hat beschrieben,  daß für ihn auf der SPD-Homepage nur ein Stopschild zu sehen sei. Und damit hat er vollkommen Recht. Man sieht nur ein Stopschild. Jetzt. Nachdem ich nämlich den Beitrag hier im Block scharf kritisiert habe. Zuvor stand dort: Stop Frau Tillmanns. Die klugen Verantwortlichen des SPD-Ortsvereins haben die Überschrift flugs kassiert und aus dem Artikel eine “persönliche Stellungnahme” gemacht. Nicht kassiert haben die SPD-Verantwortlichen hingegen den unverantwortlichen Vergleich der BM mit “Parteiblättern früherer kommunistischer Diktaturen”. Ist der Fraktionsvorsitzende der SPD nicht Lehrer für Geschichte? Vielleicht wäre ein privates Kolloquium mit dem veritablen Professor lohnend, der diesen Unsinn verzapft hat. Der Verfasser hüllt sich im übrigen immer noch in Schweigen. Auch zu seinem Satz, die Artikel von Frau Tillmanns seien “mit Müll gefüllte Wortcontainer”. Das hat mit Parteipolitik nichts mehr zu tun, eher mit Anstand.

Ein Extrablatt als Nebelkerze

CDU, SPD und H.-D. Husfeldt haben gemeinsam das “Extrablatt: Klare Worte zum Lochesplatz” in Wermelskirchen verteilen lassen. Gehofft hatte ich auf sachgerechte Aufklärung, auf rückhaltlose Beantwortung offener Fragen. Herausgekommen ist ein Extrablatt mit der Funktion einer Nebelkerze.

1. Kapitel des Extrablattes

“Nein, eine Grenze hat die Pressemacht.” Damit fängt der Artikel an. Es folgt das bekannte Klagelied gegen die Bergische Morgenpost. Sie betreibe eine “Desinformationskampagane”, mit den “Mitteln der Auslassung, Verkürzung und Verdrehung von Sachverhalten, der Vermischung von Meinung und Bericht” würden die Leser der Zeitung “manipuliert und Streit und Zweitracht in die Stadt getragen”.

Also, dann mal genau: Welche Grenze hat die Pressemacht? Zur Information Grundgesetz Art 5 (1) (2):

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Presse- und Meinungsfreiheit ist ein Menschenrecht, ein gegen die Staatsgewalt gerichtetes Grundrecht, das vermeiden soll, daß die öffentliche Meinungsbildung von Regierungen oder Gesetzgebung, also auch von Parteien beeinträchtigt werden könnte. Insoweit hat die Pressemacht erst einmal keine Grenze. Jedenfalls nicht die, die sich CDU, Husfeldt und SPD so sehr wünschen. Vielleicht ist es umgekehrt: Die Parteienmacht endet an der Pressefreiheit. Jedenfalls dann, wenn die Presse funktioniert und ihre Aufgaben wahrnimmt, sie also den Parteien auf die Finger schaut und auch die Ecken der Macht für die Bürger ausleuchtet. Weiterlesen