Kaum hat der Landtagswahlkampf begonnen, beschädigt sich die CDU bereits, indem sie eine interne und öffentliche Debatte darüber führt, ob der Spitzenkandidat und Bundesminister Norbert Röttgen nach der Wahl in Berlin auf dem warmen Ministersessel bleiben darf oder in Düsseldorf auf die harten Oppositionsbänke muß. Was soll ich gegen eine solche Selbstdemontage einwenden? Nichts. Außer, daß ich das Gezänk, an dem sich die Medien munter beteiligen, für idiotisch halte. Wer wäre gerne Anführer namenloser Niemande in der Opposition eines Landesparlamentes, selbst wenn es sich um das größte Bundesland handelt, wenn er auch die Rolle eines Bundesministers in Berlin spielen könnte? Alle, die sich der Politik verschreiben, wollen gestalten, herrschen, die Verhältnisse ändern oder bewahren, also Macht und Einfluß ausüben. Und Norbert Röttgen gewiß. Es ist verklärendes Gerede von Pharisäern, den Tausch von Berlin gegen Düsseldorf zur politischen Großtat und zur Voraussetzung für eine Spitzenkandidatur zu überhöhen. Mir soll es recht sein, wenn die CDU diesen mediokren Streit führt. Nach Lage der Dinge wird sie sich ab Mai ohnehin die Oppositionsstühlchen im nordrhein-westfälischen Landtag mit den Piraten teilen. Vielleicht ohne Norbert Röttgen. Aber das macht dann auch nichts mehr.
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Scheuklapprig
Den Hauptschulen mangelt es an neuen Schülern. Gesamtschulen sind dagegen besonders gefragt und können sich vor Neuanmeldungen kaum retten. Höchste Zeit also, die Schulstruktur anzupassen. Die rot-grüne Landesregierung will bekanntlich die Gemeinschaftsschule einführen, die schwarz-gelbe Opposition dagegen eine Bestandsgarantie für Gymnasien, Real- und Hauptschulen. CDU und FDP aber können ihre Position nicht mehr halten angesichts der Abstimmung der Eltern mit den Anmeldeformularen. Es wäre also hohe Zeit, ein parteiübergreifendes Gespräch über die künftige Schulstruktur in Nordrhein-Westfalen zu führen. Die Landesregierung hatte zu einem solchen Konsensgespräch für kommenden Freitag eingeladen. Ein Schulfrieden schien in Sichtweite zu sein. Bis heute morgen. Da hatte nämlich der neue CDU-Vorsitzende im Land, Norbert Röttgen, die Teilnahme der CDU abgesagt. Mit einer Begründung, die an Scheuklapprigkeit kaum zu überbieten ist. Solange an den Konsensgesprächen im Landtag auch die gewählten Vertreter der Linken teilnähmen, könne und wolle die CDU Gespräche über einen Schulfrieden mit SPD und Grünen nicht führen. Und selbst zu parallelen Gesprächen von SPD und Grünen mit Vertretern der CDU finden sich die Christdemokraten nicht bereit. Es geht der CDU nicht um die Zukunft der Schulen im Land, um neue Schulformen, um die Bildung der Kinder. Es geht ihr um, ja, um was kann es der CDU gehen? Um Machtpositionen? Kann man mit einer solch verblendeten ideologischen Position wirklich Machtpositionen sichern? Wie lange will denn die CDU Gespräche mit Abgeordneten verweigern, die von den Wählern in einem demokratischen Akt gewählt worden sind? Man muß die Abgeordneten der Linken nicht mögen. Man kann sie bekämpfen. Aber man kann ihnen die demokratische Legitimität nicht absprechen. Solange sie als freigewählte Abgeordnete die Geschicke des Landes im Landtag mit zu bestimmen haben, wird man parteiübergreifende Konsensgespräche nicht ohne sie führen können, mehr noch: dürfen. Ein Kulturkampf auf dem Rücken von Schülern und Eltern wird der CDU auch nicht aus der Phase der Orientierungslosigkeit helfen. Mit den ideologischen Schlachten der Vergangenheit ist die Zukunft nicht zu gewinnen. An der Basis der CDU stößt die Position der christlichen Landesfürsten mehr und mehr auf Unverständnis. Denn in den Kommunen muß die Lage der Schulen konkret geregelt werden. Was tun mit Hauptschulen, die immer weniger nachgefragt werden? Ideologische Enge ist im übrigen eine der Ursachen für den Vertrauens- und Bedeutungsverlust der Parteien. Wenn ideologische Scheuklapprigkeit noch gepaart wird mit einem Mangel an praktischen und konstruktiven Lösungsvorschlägen, kann dies nur als vollständige Politikunfähigkeit begriffen werden. Kein Wunder, daß sich die Bürger mit Grausen abwenden.