Die Verwüstung der deutschen Sprache grassiert nicht nur im Alltag, sondern auch in jeder Zeitung, in der „Zeit“, der „Süddeutschen“, leider auch in Ihrer. Dass man nicht mehr „selbst“ und „selber“ auseinanderhalten kann oder dass „sicher“ geschrieben wird, wo „sicherlich“ gemeint ist, oder „scheinbar“ statt „anscheinend“. Oder es heißt: „Die syrischen Flüchtlinge flüchten nicht umsonst.“ Ja, umsonst ganz bestimmt nicht, denn sie müssen mindestens das Benzin für ihre klapprigen Autos bezahlen. Oder: „Augstein hat umsonst Reitunterricht genommen.“ Nein, so geizig war er nicht, er hat seinen Reitlehrer bestimmt bezahlt. Er hat aber vergebens Unterricht genommen, weil er es nicht gelernt hat. Wenn es aber schnurzpiepe ist, wie man sich ausdrückt, dann hebt das auch das Denken auf, dann stimmen zum Teil auch die Fakten nicht mehr, dann sind die nämlich auch wurst.
Fritz J. Raddatz, Kritiker und Feuilletonist, gestorben durch begleiteten Suizid im Februar Zweitausendundfünfzehn, in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Jahre Zweitausendundzwölf über Kunst als Dekor, die Verwüstung der Sprache und Stil als Korsett für Unsichere.